BusinessMagazin
„Die Bundesregierung wird scheitern“ – von Friedrich Merz
CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz, MdB | CDU, Tobias Koch

„Die Bundesregierung wird scheitern“ – von Friedrich Merz

29. Februar 2024

Damit der Standort Deutschland stark bleibt, fordert der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz einen grundlegenden Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik. In seinem Beitrag für die BERLINboxx geht der Oppositionschef im Deutschen Bundestag mit der Bundesregierung hart ins Gericht. Im Fokus seiner Kritik: die Sozial- und Klimapolitik der Ampel. Und er macht klar, dass es mit der Union keine Aufhebung der Schuldenbremse geben wird. Schon heute sieht Friedrich Merz seine Partei für einen Regierungswechsel auch schon vor 2025 gut gerüstet.

Die Ausgangslage ist zu Beginn des Jahres 2024 alles andere als einfach. Wir blicken auf ein weiteres Jahr voller Krisen, voller Herausforderungen. Es geht um die Frage, wie wir unser Land in Freiheit in die Zukunft führen. Die Union tut alles, damit wir in Deutschland in Freiheit. Sicherheit und Wohlstand leben können. Um das zu ermöglichen, braucht es eine gute Volkswirtschaft. Unser Land muss wirtschaftlich stark bleiben.

Wir müssen klar und deutlich beschreiben, wo die Probleme liegen. Die Union muss aber auch Antworten geben, welche Ziele und Visionen sie hat, wenn sie spätestens im nächsten Jahr wieder die Regierungsverantwortung in Deutschland übernimmt.

Erwirtschaften kommt vor Verteilen

Entscheidend ist, dass die Wirtschaftspolitik im Grundsatz geändert wird. Nicht mit dem Dreh an kleinen Schräubchen, sondern im Grundsatz. Ja, wir wollen ein Sozialstaat bleiben. Aber die Voraussetzung dafür ist, dass wir eine wirklich gut laufende Volkswirtschaft haben und dann erst über Sozialpolitik sprechen und nicht umgekehrt.

In diesen Zusammenhang gehört, dass das Konzept der Bundesregierung vom „Bürgergeld“ nicht in den Details falsch ist. Es ist im Grundsatz falsch. Schon das Wort „Bürgergeld“ ist falsch. Es suggeriert, dass man in Deutschland ein bedingungsloses Grundeinkommen bekommen könne. Nein, das bekommt man nicht. Im Gegenteil, wir werden uns wieder sehr viel mehr anstrengen müssen. Wir werden den Menschen sagen müssen: „Wenn wir diesen Wohlstand erhalten wollen, dann werden wir dafür mehr arbeiten müssen und nicht weniger.“

Arbeit muss sich wieder lohnen

Ich bin sicher, dass das meiner Partei in einer Bevölkerungsgruppe besonders große Zustimmung eintragen wird: Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellen sich doch zunehmend die Frage, warum sie eigentlich noch acht Stunden am Tag, 40 Stunden in der Woche, 160 Stunden im Monat arbeiten, wenn sie gleichzeitig die Botschaft vermittelt bekommen, es könnte auch sehr viel einfacher sein.

Neben der sozialen Sicherheit ist der Klimawandel eine mindestens ebenso große Herausforderung für uns alle. Es ist keine Überraschung, dass die Zustimmung zur Klimapolitik der Bundesregierung, die sich dieses Thema ganz besonders auf die Fahnen geschrieben hat, seit zwei Jahren kontinuierlich sinkt. Wenn man den Klimaschutz desavouieren will, dann muss man es genauso machen wie die gegenwärtige Bundesregierung.

Verfehlte Klimapolitik

Was da mit dem Heizungsgesetz passiert ist, hat nicht ohne Grund so viele Menschen verunsichert. Das Ergebnis spricht Bände: Wir haben in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren in keinem Jahr so viele Öl- und Gasheizungen eingebaut wie 2023.

Die frühere Koalition hat mit ihrem Heizungsgesetz den richtigen Weg aufgezeigt, nämlich sukzessive die CO2-Bepreisung so zu steigern, dass die Menschen einen immer höheren Bedarf auch auf der Rechnung sehen. Und sich dann ökonomisch richtig verhalten, indem sie irgendwann entscheiden: „Die alte Heizung muss raus.“ Wenn wir auf diesem Weg geblieben wären, hätte es allein im letzten Jahr sehr viel mehr neue klimafreundliche Heizungen gegeben; es wäre viel weniger Öl und viel weniger Gas verbraucht worden. Auf diesen Weg der Vernunft gilt es zurückzukehren.

Geld für Dekarbonisierung fehlt

Die Ampel wird mit der Art Klimapolitik, die sie gegenwärtig betreibt, aus zwei Gründen scheitern. Erstens: Die Menschen machen es nicht mit. Zweitens: Die Bundesregierung hat kein Geld, um 60.000-80.000 Euro pro Haushalt dazuzugeben, damit der Umbau stattfinden kann. Die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft wird so ebenfalls nicht funktionieren. Denn auch dafür wird das Geld fehlen.

Das Ganze hat jedoch Methode. Die Bundesregierung will gar nicht, dass es Mechanismen gibt, die aus sich selbst heraus den Prozess steuern. Sie will möglichst viel Geld einnehmen, um dann selbst zu entscheiden, welche Technologie, welche Industrie, welches Unternehmen mit diesem Geld gefördert wird.

Isoliert in Europa

Deutschland ist in der Energie- und in der Klimapolitik zum Geisterfahrer in Europa geworden. Dabei sollte es doch irgendwann selbst im Kanzleramt auffallen, dass keiner dem deutschen Weg folgt. Das liegt erkennbar daran, dass Berlin die falschen Entscheidungen trifft.

Die Diskussion über das Klimageld zeigt das exemplarisch. Es war eine gute Idee zu sagen: Wir geben von dem, was wir über die CO2-Bepreisung einnehmen, das meiste zurück. Es hätte übrigens einen gewaltigen sozialen Effekt, wenn diejenigen, die kleine Wohnungen und damit wenig CO2-Emissionen haben, genau das gleiche zurückbekommen wie diejenigen, die mit ihren großen Wohnungen einen großen CO2-Footprint hinterlassen und deshalb sehr viel mehr bezahlen. Aber auch das gefällt den Sozialdemokraten nicht. Sie wollen die Kasse unterm Arm haben, füllen und nach eigenem Gutdünken wieder zurückgeben an die Bürger.

Beim Bürgergeld und Klima geht es jeweils um zweistellige Milliardenbeträge. Wenn die Sozialdemokraten diese im Bundeshaushalt für nicht verhandelbar erklären, dann müssen sie zwangsläufig irgendwann über die Schuldenbremse reden.

Schuldenbremse bleibt

Das „Bürgergeld“ macht mittlerweile fast zehn Prozent des Bundeshaushalts aus; 40 Milliarden, die nicht verhandelbar sein sollen. Zugleich sagt die Bundesregierung: Wir müssen investieren in Deutschland, wissen aber nicht, wie wir es finanzieren sollen. Ich sage deshalb hier noch einmal in aller Deutlichkeit: Die Schuldenbremse bleibt! Mit uns ist eine Änderung des Grundgesetzes im Sinne einer Aufhebung der Schuldenbremse nicht zu machen.

Manche Diskussion in Deutschland, insbesondere in der veröffentlichten Meinung, findet nach meinem Empfinden in einer viel zu düsteren Stimmung statt. Ja, wir haben in Deutschland Probleme. Aber wenn man genau hinschaut, sieht man die Start-up-Szene, sieht man viele junge Menschen, die Unternehmen gründen und Arbeitsplätze schaffen. Dies gibt mir die Zuversicht, dass wir es gemeinsam hinbekommen können.

Auf Regierungswechsel vorbereitet

Dazu müssen wir diesen Weg jetzt konsequent weitergehen. Die Union muss jeden Tag zeigen, dass sie wieder regierungsfähig ist. Eine anspruchsvolle Aufgabe, denn einen Regierungswechsel nach bereits einer Wahlperiode hat es in Deutschland noch nie gegeben. Wir wollen das schaffen, 2025 spätestens. Und wenn nötig früher.

Zur Person

Friedrich Merz (Jhg. 1955) steht seit Anfang 2022 an der Spitze der Bundes-CDU und ist als Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion zugleich Oppositionsführer im Deutschen Bundestag. Von 1989 bis 1994 war er Mitglied des Europäischen Parlaments. Dem Bundestag gehörte von 1994 bis 2009 schon einmal an. Bis zu seiner Rückkehr in die Politik 2018 war Merz als Lobbyist und Rechtsanwalt tätig. Er ist mit einer Richterin verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.