BusinessMagazin
Was Unternehmer zur Politik beitragen können
Unternehmer in der Politik | Foto: Pixabay

Was Unternehmer zur Politik beitragen können

05. März 2020

Der amerikanische Komponist und Musiker Frank Zappa sagte einst: «Politik ist die Unterhaltungsabteilung der Wirtschaft.» Wenn man diesem Ausspruch Glauben schenkt, müsste man konsequenterweise davon ausgehen, dass die Reihen von Exekutive und Legislative von Managern und Unternehmern nur so überquellen. Obwohl Deutschland zurzeit den fünften Platz im Ranking der weltweit größten Volkswirtschaften belegt und damit zu den führenden Wirtschaftsnationen gezählt werden kann, ist dies mitnichten der Fall. Stattdessen tummeln sich auf dem Parkett der deutschen Politik hauptsächlich Juristen und Politologen, die häufig bereits nach wenigen Jahren Berufserfahrung in die Karrierepolitik wechseln.

Zusätzlich dürfte sich das Image des Unternehmers in der Gesellschaft mit der Wahl von Donald Trump in den letzten Jahren verschlechtert haben. Dass jedoch eine Vielzahl an Gründen besteht, die Präsenz von Personen aus der Wirtschaft in der Politik zu fördern, wird häufig ausgeblendet. Wie die nachfolgenden Beispiele aufzeigen, gibt es so manchen Amtsträger und ehemaligen Unternehmer, welchem der Spagat zwischen Wirtschaft und Politik immer wieder auf positive Weise gelingt.

Umfassendes Set von Fähigkeiten

Der Hauptgrund, der für eine verstärkte Präsenz von Unternehmern in der Wirtschaft spricht, ist das breite Repertoire an Fähigkeiten, welches sie sich im Laufe ihrer Karriere aneignen. Um ein Unternehmen über einen längeren Zeitraum erfolgreich führen zu können, müssen Unternehmer in der Lage sein, eine Vielzahl von Erwartungen zu erfüllen. Arbeitnehmer wollen regelmäßigen Lohn und gute Arbeitsbedingungen, Kunden verlangen die beste Qualität zum tiefst möglichen Preis und die Aktionäre möchten hohe Gewinne sehen. Dass all diese Interessen mitunter in Konflikt stehen und nur schwer miteinander zu vereinbaren sind, liegt auf der Hand. Ähnlich verhält es sich auch in der Politik, wo unterschiedlichste Ansprüche von Wählerschaft, Koalitionspartnern und Parteimitgliedern berücksichtigt werden müssen. Unternehmer sind es sich gewohnt, zwischen diesen unterschiedlichen Interessensgruppen zu navigieren, zu verhandeln und Kompromisse zu finden.

Ein gutes Beispiel dafür ist Andrej Kiska, der ehemalige Präsident der Slowakei. In den frühen 90er Jahren gründete er mehrere Kreditinstitute, welche heute zu den grössten Mietkauf Unternehmen des Landes gehören. 2014 wurde er als unabhängiger Kandidat zum Präsidenten gewählt und sprach sich in der Folge häufig deutlich gegen die konservativen Positionen der slowakischen Regierung aus. So befürwortete Kiska beispielsweise das Ehe- und Adoptionsrecht homosexueller Paare und plädierte im Rahmen der Flüchtlingskrise für die Aufnahme von Asylsuchenden. In einem Interview betonte er einst, wie wichtig es sei, verschiedenste Leute nach ihren Standpunkten zu fragen, um bei wichtigen Entscheidungen die bestmögliche Lösung zu finden. Diese Fähigkeit, welche in seiner politischen Laufbahn immer wieder zum Tragen kam, erlernte er nicht zuletzt durch seine unternehmerische Tätigkeit.

Effizienz und Kundenorientierung

Durch den anhaltenden Balanceakt zwischen den Ansprüchen verschiedener Interessensgruppen wissen Unternehmer was es heißt, Verantwortung zu übernehmen und Rechenschaft ablegen zu müssen. Um profitabel zu bleiben und die Firma damit am Leben erhalten zu können, müssen sie die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden befriedigen und Projekte möglichst zeit- und kosteneffizient umsetzen. Durch diese Kunden- und Lösungs-orientierte Denkweise haben Entrepreneure das Potenzial, als Politiker schwerfällige amtlichen Strukturen aufzufrischen und Handlungsalternativen aufzuzeigen, welche die Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger ins Zentrum von politischen Prozessen rücken.

Ein Beispiel dafür ist der mittlerweile zurückgetretene amerikanische Präsidentschaftskandidat Michael Bloomberg, welcher 1981 das Informationsdienstleistungs- und spätere Nachrichtenunternehmen Bloomberg L.P. gründete und es zu einem der größten Medienunternehmen der Welt ausbaute. Ende des Jahres 2001 wurde er zum Bürgermeister von New York gewählt, nur wenige Monate nach den Anschlägen auf das World Trade Center. Mit Hilfe seiner unternehmerischen Fähigkeiten baute er die Stadt wieder auf und navigierte sie auch durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise 2008, indem er sich auf die Schaffung von Arbeitsplätzen fokussierte und die Wirtschaft zu stärken vermochte. Sein Führungsstil wurde häufig kontrovers diskutiert, stellte sich aber als äußerst effektiv heraus. So gelang es ihm, die Kriminalitätsrate auf ein Rekordtief zu senken und die durchschnittliche Lebenserwartung um drei Jahre zu erhöhen. Diese Entscheidungsfreudigkeit und den Mut, sich gegen Widerstand durchzusetzen, rührt nicht zuletzt von seinen Erfahrungen als selbstständiger Unternehmer.

Finanzielle Kenntnisse

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die finanziellen Fähigkeiten von Personen aus der Wirtschaft. Die erfolgreiche Führung eines Unternehmens erfordert eine exakte Budgetierung und Allokation der vorhandenen Ressourcen sowie die Gabe, die finanzielle Strategie an sich verändernde Konjunkturbedingungen anpassen zu können. In der Politik, wo es fast immer um die Verteilung großer Summen geht und die Verwendung der Steuereinnahmen gerechtfertigt werden muss, sind diese Kenntnisse zweifellos von Vorteil. Dies gilt umso mehr, als dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Zeiten von Negativzinsen und eines immer grösseren Staatshaushaltes laufend an Komplexität zunehmen.

Ein weiteres Beispiel, das in diesem Zusammenhang genannt werden kann, ist die Vorsitzende des Senates von Kasachstan, Dariga Nazarbayeva. Wie Michael Bloomberg war auch sie zunächst in der Medienbranche tätig. 1995 gründete sie das Medienunternehmen Khabar und baute dieses über die Jahre zu einem der wichtigsten staatlichen Medienanbieter des Landes aus, welcher heute mehrere Fernseh- und Radiosender umfasst. Ihre politische Laufbahn begann 2004 als Abgeordnete des Unterhauses und spätere Vizesprecherin des Unterhauses sowie Vorsitzende der parlamentarischen Fraktion ihrer Partei. 2015 wurde sie zur stellvertretenden Premierministerin und vor rund einem Jahr schließlich zur Vorsitzenden des Senats gewählt. In dieser Rolle setzt sie sich aktiv für die Schaffung transparenter ökonomischer Rahmenbedingungen sowie attraktiver Investitionsmöglichkeiten für ausländische Unternehmen ein, um das Land außenpolitisch weiter zu öffnen und die wirtschaftliche Entwicklung langfristig voranzutreiben. Dieses Bewusstsein um die Bedeutung von nachhaltigen Investitionen hat sich Dariga Nazarbayeva zweifellos bereits während ihrer unternehmerischen Tätigkeit angeeignet und vermag diese nun auch auf ihre politischen Aktivitäten zu übertragen. (red)