Mittelstandsverbände mit Brandbrief an Arbeitsministerin
In einem gemeinsamen Brandbrief fordern der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und 14 weitere Mittelstandsverbände die SPD-Co-Vorsitzende Bärbel Bas zu einer öffentlichen Klarstellung bezüglich ihrer Äußerungen auf dem Bundeskongress der Jusos am vergangenen Samstag auf. Bas übte harte Kritik gegenüber den Arbeitgebervertretern und ihren Umgang mit der Arbeitsministerin und meinte, ihr sei "besonders deutlich geworden [...], gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen."
Die Reaktionen auf Bas‘ Rede vor der SPD-Parteijugend sind eindeutig. Während Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger die Äußerung u.a. als "respektlos" und als beispiellosen "Aufruf zum Kampf gegen Arbeitgeber [...] in der Geschichte der Bundesrepublik" anprangert, ging BVMW-Bundesgeschäftsführer Christoph Ahlhaus ins Detail: „Die jüngsten Aussagen der Bundesarbeitsministerin treffen nicht nur einzelne Vertreter auf einem Podium, sondern Millionen von Unternehmerinnen und Unternehmern, Selbständigen, Auszubildenden und Beschäftigten im Mittelstand. Gerade jetzt – in einer Phase der wirtschaftlichen Unsicherheit und anhaltenden Rezession – brauchen diejenigen, die Wertschöpfung, Ausbildung, Innovation und Beschäftigung sichern, Respekt und verlässliche politische Partner, keine Abwertung und keine Kampfbegriffe.“
Die Ministerin hatte auf dem Juso-Kongress von ihren Erfahrungen auf dem Arbeitgebertag berichtet. Als sie die Finanzierung der Rentenpläne ansprach, kam es zu deutlich hörbaren Lachern aus dem Publikum, die sie auf dem Podium ins Wanken brachten. „Da saßen sie, ich sag' das jetzt mal ganz offen, die Herren - ja, meistens waren es Männer - in ihren bequemen Sesseln, der eine oder andere im Maßanzug, und die Ablehnung war deutlich zu spüren", sagte Bas. Die Arbeitsministerin habe an die Menschen gedacht, die auf Solidarität angewiesen seien, ihr Leben lang oft körperlich hart gearbeitet hätten und dabei schlecht bezahlt worden wären.
Die Mittelstandsverbände fordern die SPD-Politikerin nun zu einer Klarstellung auf: "Wir möchten Sie eindringlich bitten, Ihre Aussagen öffentlich zu präzisieren und klarzustellen, dass Sie den Mittelstand nicht als Gegner verstehen, sondern als unverzichtbaren Teil unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stabilität.“
Der Brandbrief in voller Länge:
Respekt gegenüber dem Mittelstand als Fundament unseres Gemeinwesens
"Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
mit großer Verwunderung und Sorge haben wir Ihre jüngsten Aussagen beim Bundeskongress der Jusos am vergangenen Wochenende zur Kenntnis genommen. In Ihrem Rückblick auf den Arbeitgebertag der BDA äußerten Sie:
„Da saßen sie, meistens waren es Männer, in ihren bequemen Sesseln, der ein oder andere im Maßanzug und die Ablehnung war deutlich zu spüren.“
sowie weiter: Ihnen sei klar geworden,
„gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“.
Diese Worte treffen nicht lediglich die Personen, die an diesem Tag im Saal saßen. Sie treffen Millionen von Selbständigen, Unternehmerinnen und Unternehmern im Mittelstand, ebenso ihre Beschäftigten, Auszubildenden und Familien. Denn sie alle sind es, die tagtäglich Werte schaffen, Arbeitsplätze sichern, Innovationen hervorbringen und damit die Grundlage all jener sozialen Leistungen legen, die unser Gemeinwesen ausmachen — einschließlich derjenigen Sozialpolitik, die die Bundesregierung aktuell weiter ausbaut.
Noch schwerer wiegt Ihre Wortwahl vor dem Hintergrund, dass sich unser Land inzwischen seit mehreren Jahren in einer wirtschaftlichen Rezession befindet. Gerade in einer solchen Phase, in der viele Betriebe um Investitionen, Wettbewerbsfähigkeit und oft auch um ihre Existenz ringen, brauchen Unternehmerinnen und Unternehmer politischen Rückhalt und Vertrauen — keine pauschale Abwertung, keine Unterstellungen und keine Sprache, die Fronten aufbaut, wo partnerschaftliches Problemlösen gefragt ist.
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
wenn eine Bundesministerin öffentlich den Eindruck vermittelt, Unternehmerinnen und Unternehmer seien Gegner, gegen die „gemeinsam gekämpft“ werden müsse, dann stellt dies einen Bruch mit dem Geist von sozialer Marktwirtschaft, partnerschaftlichem Dialog und gesellschaftlichem Respekt dar. Und es ist ein Affront gegenüber denjenigen, die dieses Land mit ihrer Arbeit, ihren Investitionen und ihrem Risiko überhaupt am Laufen halten.
Der Mittelstand steht für Zusammenarbeit, nicht für Konfrontation. Wir stehen für Verantwortung, nicht für Polemik. Wir stehen für die Menschen, die morgens öffnen, abends abschließen, die ausbilden, Maschinen warten, Produkte entwickeln, Dienstleistungen erbringen, Steuern zahlen und damit das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden.
Diese Menschen erwarten kein Schulterklopfen, aber sie haben Anspruch auf Respekt. Auf Fairness. Auf einen politischen Diskurs, der nicht spaltet, sondern verbindet. Und auf eine Bundesregierung, die Leistungsträger nicht pauschal abwertet, sondern deren Beitrag würdigt.
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
wir möchten Sie eindringlich bitten, Ihre Aussagen öffentlich zu präzisieren und klarzustellen, dass Sie den Mittelstand nicht als Gegner verstehen, sondern als unverzichtbaren Teil unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stabilität. Wir erwarten, dass die Bundesregierung Unternehmerinnen und Unternehmer nicht in stereotype Bilder presst, sondern als Partner behandelt – so wie es dem Anspruch einer verantwortungsvollen Regierungsführung entspricht.
Der Mittelstand steht bereit, lösungsorientiert an den großen Herausforderungen unserer Zeit mitzuwirken. Dafür braucht es Dialog auf Augenhöhe, nicht Kampfbegriffe. Und es braucht Respekt – auch und gerade seitens einer Bundesministerin. Lassen Sie uns hierzu in einem konstruktiven Dialog bleiben." (red)