Messen und Kongresse als Arbeitgeber
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Allein das Berliner Tagungs- und Kongressgeschäft generierte 2018 einen Gesamtumsatz von 2,63 Milliarden Euro und sicherte etwa 44.000 Vollzeitarbeitsplätze in verschiedenen Branchen. Für die Bundeshauptstadt ist das Messe- und Kongressgeschäft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Arbeitsgeber. Doch wie sieht es bundesweit aus? Welche Bedeutung hat das Tagungs- und Kongressgeschäft für den deutschen Arbeitsmarkt? Wie sind die Arbeitsbedingungen in der Veranstaltungsbranche? Welche Auswirkungen hat es auf beteiligte Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze, wenn große Messen und Kongresse nicht mehr stattfinden? Um all diese Fragen zu beantworten, hat die BERLINboxx beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nachgefragt.
Wichtige Politikfelder des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sind Arbeitsmarktpolitik, Arbeitsrecht und Arbeitsschutz. Zum unmittelbaren Geschäftsbereich des BMAS gehört auch die Bundesagentur für Arbeit. Grundrente, Beschränkungen der Datenmacht Google und Co., mehr Anstrengungen im Bereich Weiterbildung – der seit dem 14.März 2018 amtierende Bundesminister Hubertus Heil (SPD) hat sich große Ziele gesetzt.
In Firmen, deren wirtschaftlicher Schwerpunkt auf Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstaltung liegt, waren im September 2018 bundesweit 32.500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte tätig. Betrachtet man zusätzlich, statt der Branche, die betroffenen Berufe, ergibt sich eine vergleichbare Größenordnung der Beschäftigung, rund 35.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Berufen im Veranstaltungsservice und -management. Für den gesamten deutschen Arbeitsmarkt ist die Bedeutung der Branche – in dieser engen Abgrenzung – vergleichsweise gering. Schaut man allerdings auf die lokalen Auswirkungen von Tagungen und Kongressen, beispielsweise auf das Hotel- und Gaststättengewerbe, dürfte die Bedeutung deutlich höher sein, bestätigte das Bundesministerium.
Der Messearbeitsmarkt ist bestimmt von Kurzfristigkeit
Bundesminister Hubertus Heil (SPD) ist es ein Anliegen, mit vereinten Kräften die Zukunft der Arbeit zu sichern und für einen sozialen Arbeitsmarkt zu sorgen. Gerade in der Veranstaltungsbranche gibt es eine große Vielfalt von Arbeitsverhältnissen. Teilweise sind prekäre Arbeitsbedingungen an der Tagesordnung: „Durch die Kurzfristigkeit und die zeitliche Begrenzung vieler Aufträge sind sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in dieser Branche leider seltener zu finden als in anderen“, erklärt das Arbeitsministerium und weiter „Das BMAS hat bereits gesetzliche Grundlagen geschaffen, um den Arbeitsschutz und den Mindestlohn zu gewährleisten. Wir appellieren hier auch an die Veranstalter, auf die Einhaltung zu achten und ermutigen Betroffene, sich bei Verstößen an die Vielzahl von Beratungsstellen zu wenden, da nur stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden können.“ Hält sich ein Arbeitgeber nicht an die Vorschriften, haben Mitarbeiter zum Beispiel die Möglichkeit, sich bei der Berufsgenossenschaft oder beim Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) zu beschweren.
Messe heißt Wandel
Auch große Messen wie die ehemals weltgrößte Messe für Informationstechnik „CeBIT“ verschwinden aus der Messelandschaft. Gegenüber der BERLINboxx versichert das Bundesministerium, dass mit diesem Wandel keine großen Arbeitsplatzverluste einhergehen. „So wie sich Branchen wandeln, spiegelt sich dies logischerweise auch in der Messelandschaft wider: Die Hannover-Messe ist heute die Messe für Industrie 4.0 und für die CeBIT hat sich mit TWENTY2X ein Nachfolger mit neuen Schwerpunkten gefunden“, so der Sprecher.
Bedeutung der Logistikbranche für den Arbeitsmarkt wächst
Auch Logistikunternehmen haben einen großen Anteil am Messebetrieb. Denn für die Stände müssen Exponate und Materialien transportiert werden. Der Koalitionsausschuss hat am 14. Mai entschieden, ein Gesetz zur Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche auf den Weg zu bringen. Das Gesetz wird also auch in der Logistik entscheidenden Einfluss auf die Beschäftigten der Branche nehmen. Die Logistikbranche hat bundesweit eine große und zunehmende Bedeutung für den Arbeitsmarkt. Im Februar 2019 arbeiteten rund 1,83 Mio. sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in Deutschland im Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei. Das sind knapp sechs Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bundesweit. Diese Beschäftigungszahlen entsprechen in etwa der Beschäftigung im Baugewerbe (1,85 Mio.). Im Vergleich zum Vorjahresmonat hat die Beschäftigung der Firmen im Bereich Verkehr und Lagerei um rund 65.000 Personen bzw. 3,7 Prozent zugenommen. Im Vergleich: der Anstieg ist damit deutlich höher als in der Gesamtwirtschaft (2,1 Prozent).
„Weiterbildung wird in der digitalen Arbeitsgesellschaft zur zentralen Zukunftsaufgabe“
In dem im April veröffentlichten „Beschäftigungsausblick 2019“ prognostizierte die OECD, dass gut 14 Prozent der Arbeitsplätze in den OECD-Ländern der Automatisierung zum Opfer fallen werden. Gerade das Industrieland Deutschland wird stark von diesem Wandel betroffen sein. Zwar ist davon die Messe- und Kongressbranche nur bedingt betroffen, dennoch hat die BERLINboxx das Bundesministerium auch zu dieser aktuellen Entwicklung befragt: Wo sieht das BMAS die Lösung, um einen Wegfall von so vielen Arbeitsplätzen durch Digitalisierung zu verhindern? Werden bereits konkrete Maßnahmen getroffen, um dieser Entwicklung zu begegnen? Dazu versicherte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gegenüber der BERLINboxx: „Weiterbildung wird in der digitalen Arbeitsgesellschaft zur zentralen Zukunftsaufgabe. Deshalb wollen wir eine neue Weiterbildungskultur etablieren, in der Bildungs- und Weiterbildungschancen über den gesamten Lebensverlauf dafür sorgen, dass die individuelle Beschäftigungsfähigkeit verbessert und persönliche Gestaltungsmöglichkeiten ausgebaut werden können.“ (aw)