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Medienbarometer 2025: KI auf dem Vormarsch
Jeannine Koch, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende des medianet berlinbrandenburg e.V. und Herausgeberin des Medienbarometer | Foto: Emely Timm, Die Hoffotografen

Medienbarometer 2025: KI auf dem Vormarsch

15. Mai 2025

Führende Unternehmen der Berliner und Brandenburger Creative-Technology-Wirtschaft haben an der repräsentativen Umfrage zum 22. Medienbarometer teilgenommen. Die Ergebnisse hat heute von Klaus Goldhammer, Geschäftsführer und Managing Partner des durchführenden Instituts Goldmedia, vor rund 50 Wirtschafts-, Politik- und Pressevertretern vorgestellt. Anschließend wurde die Studie von Jeannine Koch, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende des medianet berlinbrandenburg e.V. und Herausgeberin des Medienbarometer, sowie Helge Jürgens, Geschäftsführer der New-Media-Förderung beim Medienboard Berlin-Brandenburg, eingeordnet.

Im Exklusiv-Interview mit der BERLINboxx berichtet Jeannine Koch, wie es der Berliner und Brandenburger Creative-Technology-Wirtschaft in den aktuell unsicheren Zeiten ergeht, über den zunehmenden Einfluss von KI, und welche Herausforderungen zukünftig zu bewältigen sind.

In Zeiten weltweiter Krisen und Kriege erwartet jedes dritte Unternehmen der Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft der Metropolregion in diesem Jahr ein Umsatzplus. Worauf basiert dieser Optimismus?

Unternehmen aus dem Bereich der Creative Technologies gelten als besonders anpassungsfähig, agil und innovationsfreudig - Fähigkeiten, die in krisenhaften Zeiten besonders gefragt sind. Stichwort Innovationsfreude: Unser Schwerpunktthema war in diesem Jahr Künstliche Intelligenz. 56 Prozent der Unternehmen gaben an, gezielt KI-Anwendungen in ihre Arbeitsprozesse integriert zu haben. Bei einem weiteren Drittel befindet sich KI in einer Testphase. Das verdeutlicht, dass KI-Potenziale entdeckt wurden, um Effizienz, Kreativität und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und somit optimistisch nach vorne zu blicken. Gleichzeitig muss erwähnt werden, dass 44 Prozent der Befragten in diesem Jahr sinkende Umsätze erwarten. Grund dafür sind die während des Umfragezeitraums im Februar und März 2025 noch unklaren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die den Unternehmen wenig Planungssicherheit gaben und immer noch geben.

Die Branche plädiert für mehr staatliche Förderung. Wie könnte diese aussehen?

Die Filmwirtschaft fordert ein Steueranreizmodell sowie eine Investitionsverpflichtung, so wie es zum Beispiel in Frankreich oder Kanada erfolgreich umgesetzt wird. 70 Prozent der Befragten gaben an, dass die Umsetzung dieser beiden Maßnahmen die Zahl der nationalen und internationalen Produktionen in Deutschland erhöhen würde. Die neue Bundesregierung hat diese Maßnahmen im Koalitionsvertrag verankert - jetzt erhoffen sich die Filmakteure eine rasche Umsetzung. Im Februar 2025 wurde die Computerspiele-Förderung des Bundes bereits zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren ausgesetzt, was von der Games-Wirtschaft kritisch aufgenommen wurde. Die Förderung soll weiter existieren, jedoch muss erstmal der neue Bundeshaushalt abgewartet werden.

Die Mehrzahl der Filmunternehmen setzt bereits KI aktiv ein. In welchen Bereichen sehen Sie das größte Potenzial?

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass KI insbesondere in den Bereichen Ideenfindung, Design, Sprach- und Textverarbeitung und Postproduktion eingesetzt wird - sprich, in mehreren Bereichen entlang der gesamten Produktionskette. Das Potenzial liegt nicht nur in der Effizienzsteigerung, sondern auch darin, kreative Prozesse zu fördern und neue Formen der Zusammenarbeit zu ermöglichen. Zwei Drittel der Unternehmen gaben an, dass alle oder die überwiegende Zahl der Mitarbeitenden aufgeschlossen gegenüber KI seien. Ein Wert, auf den sich definitiv aufbauen lässt. Um noch zwei Beispiele aus der Praxis zu nennen: KI kann durch die Auswertung von Zuschauerpräferenzen, Streaming-Daten und Social Media frühzeitig Themen oder Genres mit hohem Potenzial erkennen. Außerdem beschleunigt sie komplexe VFX-Prozesse, wie z.B. bei Motion Capture, Gesichtserkennung oder Green Screens. KI wird nicht den kreativen Prozess ersetzen, aber sie kann ihn beschleunigen, verbessern und kostengünstiger machen, was gerade unabhängige Produktionen oder kleinere Studios massiv unterstützt.

Eine der größten Herausforderungen auch für die Medien-, Kreativ- und Digitalwirtschaft bleibt der Fachkräftemangel…

Das stimmt! Dies ist ein Thema, das die Wirtschaftszweige seit einigen Jahren umtreibt. Anders als in manchen automatisierbaren Industrien hängt der wirtschaftliche Erfolg hier unmittelbar von kreativen, konzeptionellen und technischen Kompetenzen ab. 72 Prozent der Befragten berichteten von einer unzureichenden Verfügbarkeit von Fachkräften. Viele Unternehmen suchen nach Spezialistinnen und Spezialisten, z.B. für Motion Design, UX/UI, Data-Driven Storytelling oder KI-gestützte Produktion, aber der Ausbildungsmarkt hält damit kaum Schritt. Der Fachkräftebedarf gefährdet die Innovationsfähigkeit, Wettbewerbsstärke und das Wachstum der Creative-Technologies-Wirtschaft. Um dem entgegenzuwirken, braucht es bessere Ausbildungsangebote, attraktivere Arbeitsbedingungen, gezielte Förderung sowie langfristige Personalstrategien auch über Branchen- und Landesgrenzen hinweg. Damit einher geht auch, dass es unbürokratische Vorgänge braucht, wenn internationale Fachkräfte in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Und zu guter Letzt: Fast die Hälfte der Befragten gab an, dass der Wohnungsmangel in Berlin die Personalplanung negativ beeinflusst.

Stichwort: Investitionsverpflichtung für Sender und Streamingdienste. Was erhofft sich die Branche davon?

Die Investitionsverpflichtung für Sender und Streamingdienste - also die gesetzliche Vorgabe, einen bestimmten Anteil ihrer Umsätze in nationale Film- und Serienproduktionen zu investieren - soll in erster Linie den deutschen Produktionsstandort stärken. Laut Studie befürworten 87 Prozent der Befragten dieses Anreizsystem. Das spiegelt die Dringlichkeit wider, um die existierenden Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Ländern aufzuholen. Die Filmwirtschaft erwartet durch die Umsetzung mehr Aufträge für Produktionsfirmen, Autorinnen und Autoren, Kreativschaffende, Schauspielerinnen und Schauspieler sowie technische Gewerke im eigenen Land. Eine Investitionsverpflichtung ist nicht nur ein Fördermechanismus, sondern ein wirtschafts- und kulturpolitisches Signal für mehr Selbstbestimmung im digitalen Medienzeitalter. (mz)