BusinessMagazin
Frank Schmeichel: Kommunikation schafft eine lebendige Stadt
v.l.: Prof. Dr. Hermann Parzinger, Präsident der Berliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Stararchitekt Lord Norman Foster, Prof. Dr. Stephan Frucht, Kulturmanager und Musiker, Prof. Petra Kahlfeldt, Architektin und Senatsbaudirektorin in der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, und Sarah Wedl-Wilson, Staatssekretärin für Kultur in der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt | BERLINboxx

Frank Schmeichel: Kommunikation schafft eine lebendige Stadt

08. November 2023

Interview mit Frank Schmeichel, Verleger und Gründer der Kommunikations- und Verlagsgruppe Business Network in Berlin und „Erfinder des Baustellenmarketings“ (Der Spiegel)

Anlässlich des VBKI-Vortrags von Stararchitekt Lord Norman Foster zur Rolle von Kulturbauten in urbaner Stadtentwicklung

BERLINboxxStar-Architekt Sir Norman Foster sprach gestern in Berlin auf Einladung des VBKI über die Bedeutung von Kulturbauten für die Stadtentwicklung. Sie haben bereits nach der Wende mit dem amerikanischen Architekten Philip Johnson am historischen Checkpoint Charlie und später am Potsdamer Platz eine Neudefinition von Stadträumen und deren Öffnung zur Kunst erarbeitet. Mit Architekten von Weltformat haben Sie Investoren überzeugt, Kunst zu integrieren und so öffentliche Nutzungen zu ermöglichen. Wird dieser Aspekt heute genug berücksichtigt in der Stadtentwicklung?

Frank Schmeichel:  Das Philip-Johnson-Haus am ehemaligen Checkpoint Charlie steht beispielhaft in einem Dialog mit der überdimensionalen Skulptur „Houseball“ von Claes Oldenburg und öffnet das Innere des Geschäftshauses nach Außen, zum Platz. Ja, mit dem Projekt Checkpoint Charlie meets Culture haben wir den Versuch unternommen, andere Stimmen zu intonieren in einem primär von Business und Kommerz geprägten Standort, der allerdings weltpolitisch Geschichte geschrieben hat. Mit dem amerikanischen Künstler John Powers haben wir die „Lady Liberty“ auf dem letzten Wachturm am Checkpoint Charlie installiert, und das New Yorker Künstlerduo Komar & Melamid hat in einer temporären Halle eine Großinstallation des Lenin-Mausoleums errichtet. Das Ergebnis war eine signifikante Belebung des Außenraumes und damit Kommunikation und Durchmischung. Das hat schon vor 25 Jahren Wirkung entfaltet und wirkt bis heute. Lord Norman Foster hat an konkreten Beispielen in London, Rom und Palm Beach gezeigt, wie von Autos dominierte, unwirtliche Orte durch eine Vermenschlichung wachgeküsst werden können. Urbane Lebensräume leben von der Kommunikation – der Kommunikation zwischen Stadtraum, Architektur, Kunst. Durch diese Kommunikation werden verschiedene Zielgruppen angesprochen und aktiviert. So entsteht der Sound der Stadt, kurz: Leben und Belebung eines Ortes. Das ist das Gegenbild zu Monotonie und Leblosigkeit, wie sie immer noch viel zu oft im Stadtbild zu sehen ist.

BERLINboxx-Redaktionsleiterin im Gespräch mit Senator h. c. Frank Schmeichel

BERLINboxx: Berlins Senatsbaudirektorin Prof. Petra Kahlfeldt sprach sich im Panel, das eloquent von Prof. Dr. Stephan Frucht, dem Vorsitzenden des VBKI-Kulturausschusses, moderiert wurde, dafür aus, die Berliner Zentralbibliothek in der Friedrichstraße, im dort noch residierenden Kaufhaus Galeries Lafayette, anzusiedeln. Was würde das mit der Friedrichstraße machen?

Frank Schmeichel: Eine Kulturinstitution wie die Zentralbibliothek in dem ikonischen Gebäude von Stararchitekt Jean Nouvel anzusiedeln, würde eine bildungs- und kulturaffine Klientel anziehen, die dem ganzen Quartier einen anderen Charakter verleihen würde. Die Herausforderung für die Planer besteht darin, verschiedene Funktionen und Kommunikationsfeatures anzubieten, die eine ganztägige Aufenthaltsqualität schaffen und neben der Primärnutzung Bibliothekbetrieb zusätzliche „Bühnen“ für vielfältige kulturelle oder auch kommerzielle, vor allem aber kommunikative Angebote integrieren. Lord Foster hat dafür Beispiele gegeben, wie das von ihm umgebaute Norton Museum of Art in Palm Beach. Heterogene gesellschaftliche Gruppen – vom Studenten über Familien bis zu Touristen und Geschäftsleuten - würden für eine Mischung sorgen, die neue Impulse gibt für die Friedrichstraße und den Gendarmenmarkt, ja für Berlin-Mitte insgesamt. Lebenswerte Innenstädte, Mischnutzungen, vielfältige Angebote, attraktive Außenräume, Kultur und Kommerz, das wollen die Menschen und nicht Monostrukturen, die leblos und langweilig sind.

BERLINboxx: Kritisiert wurden die langen Bauzeiten in Berlin, etwa für die Sanierung des Pergamonmuseums oder den Bau des Museums der Moderne „berlin modern“ auf dem Kulturforum. Warum kann das nicht beschleunigt werden?

Frank Schmeichel: Zum einen sind da natürlich die Bauvorschriften, die in Deutschland generell extrem detailliert sind. Hier hat der CDU geführte Senat eine längst überfällige Reform der Bauordnung auf den Weg gebracht.
Aber es gibt auch Gründe, die einfach evident sind. Am Beispiel des Pergamonmuseums auf der Museumsinsel hat Prof. Dr. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die nachvollziehbaren Gründe dargelegt: Der größte Kunstmuseumsbau Deutschlands benötigt eine grundlegende Sanierung. Es handelt sich bei dem maroden, von der Spree umspülten Gebäudeensemble um ein gewaltiges Sanierungs- und Erweiterungsvorhaben. Kriegsschäden, Wassereinbrüche, Risse im Fundament – das ist ein havarieanfälliges Großprojekt, wie die verantwortlichen Architektin Barbara Grosse-Rohde konstatierte. Es wäre aber sicher hilfreich für die Akzeptanz in der Bevölkerung, wenn diese Gründe besser kommuniziert würden.

BERLINboxx: Nochmal zurück zu Sir Norman Foster. Sie haben mit Architekten wie Philip Johnson, David Childs, Helmut Jahn, Aldo Rossi und Zaha Hadid gearbeitet. Was ist das Besondere an Norman Foster?

Frank Schmeichel: Lord Norman Foster ist eine Persönlichkeit, die die konventionellen Grenzen der Architektur überschreitet. Damit ist er viel mehr als ein ausgezeichneter Architekt. Er schafft Lebensräume und denkt interdisziplinär, was sein Werk so bedeutend macht. Architektur ist für ihn lebendige Kunst, die im Dialog mit dem menschlichen Geist den erschaffenen Raum ausfüllt und ihm eine neue Bestimmung gibt. Denken Sie an die gläserne Kuppel auf dem Berliner Reichstagsgebäude, die zu einem Symbol für die Synthese von Geschichte und Zukunft und damit zu einem weltweit bekannten Wahrzeichen für Berlin und Deutschland geworden ist. Das Hohe Haus hat sich damit geöffnet für Besucher, Touristen, Schüler und viele mehr. Das ist der bauliche Ausdruck von Demokratie. Die Volksvertreter sind umgeben vom Volk, treten in Kommunikation und Dialoge. Insofern ist Lord Norman Foster viel mehr als ein Architekt, er ist ein Schöpfer.

Frank Schmeichel ist studierter Literatur- und Kunstwissenschaftler und Philosoph und gilt als Erneuerer der traditionellen Kommunikation durch die Einbeziehung heterogener Dialogebenen. Die von ihm 1996 gegründete Kommunikations- und Mediengruppe Business Network berät internationale Investoren in den Bereichen Medienkommunikation, Political und Business Engineering. Er ist Senator h. c. des Bundeswirtschaftssenats.

Das Gespräch führte Buse Koca, Redaktionsleiterin BERLINboxx

Sir Norman Foster | BERLINboxx