Hubschrauber-Landeplatz statt Sozialwohnungen – Die Wohnungsbaupolitik des Bundeskanzlers
Kommentar von Lars Schriewer, CEO ACCENTRO und Mitglied im Bundeswirtschaftssenat
Als ich den Finanzminister vor zwei Wochen anlässlich des Zukunftstag Mittelstand des BVMW sprach, ging es um die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, die wichtig sind für die Erreichung der Wohnungsbauziele der Bundesregierung. Lindner sagte dazu: „Deutschland steht sich zu oft selbst im Weg“. Sein heutiger Vorschlag, den mit circa 322 Millionen Euro veranschlagte Neubau seines Ministeriums überprüfen und überarbeiten zu wollen, ist ein leider seltenes Beispiel für Vernunft und Prioritätensetzung. Der Bild-Zeitung sagte er: "Uns fehlen bezahlbare Wohnungen. Es macht daher wenig Sinn, die knappen Flächen für neue Ministerien zu nutzen. Wir werden stattdessen jetzt prüfen, ob hier nicht Wohnraum geschaffen werden kann." Das ist liberaler Pragmatismus, der sich an den elementaren Problemen Deutschlands, dem Wohnungsmangel, ausrichtet und nicht an den überzogenen Erfordernissen der Ministerialbürokratie. Leider hört man derartige Töne nur selten in der Politik. Leider werden von den Repräsentanten der Politik die eigenen Interessen nur zu häufig vor die der Bevölkerung gestellt. Bestes Beispiel: Der Neubaugigantismus des Bundeskanzlers, der 770 Millionen Euro für die Erweiterung des Kanzleramtes ausgeben will. In Zeiten, in denen viele Familien jeden Cent umdrehen, um die drastisch gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten aufzufangen, wird dieser Mega-Neubau des prestigeträchtigen Bundeskanzlers von vielen Menschen als Ohrfeige empfunden. Hubschrauber-Landeplatz statt Sozialwohnungen, das ist dem Bürger schwer zu vermitteln und zeugt von politischer Arroganz. Aber das interessiert den Kanzler nicht. Würden die Einsparungen der beiden Regierungs-Bauvorhaben, also insgesamt mehr als eine Milliarde Euro, und die dafür vorgesehenen Grundstücke, für Wohnungsbau genutzt werden, könnten kurzfristig 500.000 Wohnungen gebaut werden und damit das Versprechen der Bundesregierung von 400.000 Wohnungen pro Jahr deutlich übertroffen werden. Das wäre eine beeindruckende Maßnahme, um das verlorene Vertrauen der Menschen in die Politik zurückzugewinnen. Offenbar ist jedoch bei Bundeskanzler Scholz das Thema Homeoffice und ortsflexibles Arbeiten noch nicht angekommen, ansonsten würde er nicht auf den unzeitgemäßen Neubau bestehen. Man muss nicht – wie Accentro- den Award für die beste Wohnimmobilienstrategie Deutschlands gewinnen, um zu erkennen, dass fehlende Wohnungen einen Wettbewerbsvorteil für Deutschland bedeuten. Dagegen ist der Mehrwert für einen Kanzleramts-Prestigebau schlicht nicht vorhanden, mehr noch, er ist eine Belastung und fördert das Negativimage von Politikern, die Partikularinteressen vor die Bedürfnisse der Bürger stellen. Für die mittelständische Wirtschaft kann ich dem Bundeskanzler anbieten: Wir stehen an Ihrer Seite, wenn es um die Erfüllung Ihres Wahlversprechens geht, Wohnungen zu schaffen. Handeln Sie gemäß Ihres Wahlauftrages, Herr Bundeskanzler!