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Fachkräfte für die Berliner Wärmewende
Ambitionierte Klimaziele kosten Geld und Arbeitskraft | Canva

Fachkräfte für die Berliner Wärmewende

17. Dezember 2024

Die ambitionierten Klimaziele des Landes Berlin stehen vor einer entscheidenden Herausforderung: dem Fachkräftemangel im Gebäudesektor. Eine heute von der Investitionsbank Berlin (IBB) veröffentlichte Analyse zeigt, dass der bestehende Arbeitskräftemangel in Berufen des Hochbaus, Ausbaugewerbes sowie der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) die Umsetzung der Wärmewende erheblich verlangsamen könnte.

Hinrich Holm, Vorsitzender des Vorstands der IBB: „Berlin hat sich mit der Klimaneutralität bis 2045 ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Die Rekommunalisierung des größten Wärmenetzes in Westeuropa bietet die Chance, einen Großteil der Dekarbonisierung direkt an der Quelle zu erreichen. Doch auch Gebäude, die nicht an die Fernwärme angeschlossen sind, müssen dringend saniert werden. Um das zu schaffen, braucht Berlin mehr Fachkräfte in der Bauwirtschaft. Die Ausbildung junger Menschen bleibt eine wichtige Säule, doch das reicht angesichts des demografischen Wandels nicht aus. Wir müssen gezielt ausländische Fachkräfte anwerben und Menschen, die bereits hier sind, schneller in Arbeit bringen. Gleichzeitig brauchen Unternehmen attraktivere Standortbedingungen – bezahlbarer Wohnraum, wettbewerbsfähige Gehälter und weniger Bürokratie sind hier entscheidend.“

Fachkräftemangel als größte Herausforderung

Der Gebäudesektor ist mit 43% der städtischen CO₂-Emissionen einer der größten Verursacher klimaschädlicher Gase in der Hauptstadt. Um Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, müssen jährlich zwischen 2 und 3% des Gebäudebestands energetisch saniert werden. Zur Steigerung der Sanierungsrate müssen durch einen konsequenten Personalaufbau im Baugewerbe zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden. Zugleich erfordern die Klimaziele nicht nur ein höheres Tempo bei der Sanierungsrate, sondern auch eine deutlich gesteigerte Sanierungstiefe, um die Energieeffizienz nachhaltig zu verbessern.

Die Volkswirte der IBB haben in ihrer aktuellen Untersuchung herausgearbeitet, dass sich der Fachkräftemangel im Gebäudebereich weiter zuspitzt. So sind aktuell 36% der Beschäftigten in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik über 55 Jahre alt, während die jährliche Anzahl an Ausbildungsstellen in diesem Bereich mit rund 470 weit hinter dem Bedarf zurückbleibt. Gleichzeitig zeigen die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit einen alarmierenden Engpass in diesen Berufen. So lag die Arbeitssuchenden-Stellen-Relation für SHK-Fachkräfte im Jahr 2023 bei lediglich 1,2, d.h. auf 10 offene Stellen kommen nur noch 12 Arbeitssuchende Personen. Je weniger geeignete Fachkräfte zur Verfügung stehen, desto schwieriger gestaltet sich der Suchprozess für die Unternehmen. Für diese Branche liegt die Relation also weit unter dem Berliner Durchschnitt von 16,3.

Dringender Handlungsbedarf in Bau- und SHK-Berufen Die Analyse zeigt, dass insbesondere Berufe in der SHK-Branche sowie im Hoch- und Ausbaugewerbe entscheidend für die Wärmewende sind. Bereits im Zeitraum von 2014 bis 2019 stieg die Beschäftigung in diesen Berufen um 21,4 %, während die Zahl der gemeldeten offenen Stellen jährlich um 3,3 % zunahm. Doch seit der Corona-Pandemie und der Energiekrise 2020 stagnieren diese Zuwächse. Die Beschäftigungszahlen in den analysierten Berufen sind 2023 wieder auf das Niveau von 2019 zurückgefallen, während die Zahl der offenen Stellen weiterhin hoch bleibt. Der zusätzliche Fachkräftebedarf im Bau- und Gebäudesektor wird auf mindestens 300 Beschäftigte pro Jahr bis 2030 geschätzt.

Die Volkswirte der IBB betonen jedoch, dass dies nur mit einer klaren politischen Unterstützung erreichbar ist. Neben der Anwerbung ausländischer Fachkräfte sind zusätzliche Ausbildungsplätze sowie gezielte Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung im Baugewerbe dringend notwendig. (red)

Die vollständige Analyse sowie weitere volkswirtschaftliche Berichte der IBB finden Sie unter: www.ibb.de/berlin-fokus.