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Der Mietendeckel ist beschlossen – trotz Bedenken aus Wissenschaft und Wirtschaft
Berlin ist bundesweit die erste Stadt mit einem Mietendeckel | Foto: melancholiaphotography via Pixabay

Der Mietendeckel ist beschlossen – trotz Bedenken aus Wissenschaft und Wirtschaft

31. Januar 2020

Nach monatelangen Diskussionen ist der Mietendeckel nun tatsächlich durchgesetzt. Am gestrigen Donnerstag hat das Berliner Abgeordnetenhaus das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen beschlossen. Damit werden die Mieten für die nächsten fünf Jahre eingefroren, um dem Wohnungsmangel in der Hauptstadt entgegenzuwirken. Während Erleichterung auf Seiten der Regierungskoalition zu spüren ist, üben Immobilienverbände und weitere Vertreter der Wirtschaft scharfe Kritik – sie fühlen sich von der rot-rot-grünen Politik verraten.

Mietendeckel schafft keine neuen Wohnungen

Als „Skandal“, „größte Dummheit überhaupt“ oder gar „Enteignung durch die Hintertür“ wird der Mietendeckel aktuell von Gegnern des beschlossenen Mietenbegrenzungsgesetzes betitelt. Es sei kein geeignetes Instrument, um die angespannte Wohnsituation in Berlin zu entschärfen, sondern eher politisches Kalkül der rot-rot-grünen Koalition, Wähler an sich zu binden, so die Vorwürfe der Kritiker. Auch unter den Immobilienverbänden besteht der Konsens, dass der Mietendeckel die Lage noch weiter verschärfen wird, indem er Investoren vergrault und somit den eigentlich so notwendigen Wohnungsneubau verhindert.

Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD, bezeichnet den Beschluss des Abgeordnetenhauses als schwarzen Tag für den Wohnungsmarkt in der Hauptstadt: „Allen Warnungen und einer Vielzahl von Gutachten namhafter Experten zum Trotz ist es heute zu einem historischen Tabubruch in Berlin gekommen. Der Mietendeckel kommt einer Enteignung gleich und ist eine Katastrophe für den Berliner Wohnungsmarkt.“

Rechtliche Überprüfung fordert das Mietenbegrenzungsgesetz heraus

Aus Sicht des Sprechers für Bauen und Wohnen der CDU-Fraktion, Christian Gräff, ist der Mietendeckel unsozial und bedrohe Arbeitsplätze sowie die Beziehung zwischen Mietern und Vermietern: „Je eher diese Unsicherheit endet, umso besser für die Mieterstadt Berlin.“ Aus diesem Grund planen CDU/CSU und FDP bereits ein Normenkontrollverfahren beim Verfassungsgericht Berlin, um rechtliche Unsicherheiten des Gesetzes zu klären. Unterstützung kommt dabei von Prof. Dr. Foroud Shirvani, Professor für öffentliches Recht der Universität Bonn, der die Parteien bei der Verfassungsklage vertritt.

Soziale Ungerechtigkeit und große Belastung für die Baubranche

Dr. Robert Momberg, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost e. V. geht davon aus, dass das Gesetz nicht nur Investitionen hemmen, sondern auch tausende Arbeitsplätze bedrohen wird: „Wir schätzen, dass der Mietendeckel zu einer Abnahme der Investitionen in den Erhalt, die Sanierung und Modernisierung der Berliner Wohnungsbausubstanz mit entsprechenden Umsatzausfällen in Höhe von 750 Mio. Euro jährlich führt. Dadurch sind insgesamt etwa 10.000 Arbeitsplätze gefährdet – 5.000 direkt im Berliner Baugewerbe und über Einkommenswirkungen und Fremdbezüge des Baus noch einmal 5.000 in anderen Branchen.“

Eine weitere Befürchtung neben dem geschätzten prozentualen Rückgang des Baubranchenumsatzes von über 25 Prozent ist die soziale Ungerechtigkeit. Denn das Mietenbegrenzungsgesetz deckelt alle Mieten gleichermaßen und schafft somit besonders große Einsparungen bei den Mieten in gehobenen Wohnungen. Mieter mit geringem Einkommen werden also genauso behandelt wie Besserverdiener – somit bleibt es zunächst fragwürdig, ob der Mietendeckel ein geeignetes Instrument für eine gerechtere Wohnsituation sein kann. Welche Vorteile tatsächlich aus der Mietenbegrenzung hervorgehen, muss sich also noch zeigen. (sz)