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Cannabis-Anbau im Nirgendwo?
Cannabis wurde zwar legalisiert, Cannabis-Anbauclubs stehen allerdings vor massiven Hürden | Canva

Cannabis-Anbau im Nirgendwo?

23. Mai 2024

Anbau und Forschungskooperationen als Standortfaktor – eine Modelllösung

Bei der Cannabis-Freigabe zum 1. April 2024 hatte der Gesetzgeber scheinbar an alles gedacht. Bis ins kleinste Detail ist genau geregelt, wer wann wo wieviel Cannabis konsumieren und Nachschub für den Eigenbedarf anbauen darf. Eine Schlüsselrolle kommt dabei Cannabis Clubs zu, die derzeit wie Rauschpilze aus dem Boden schießen. Rein rechtlich handelt es sich um eingetragene, nicht-wirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften. Darin finden sich Konsumenten zusammen, die in den eigenen vier Wänden keinen Hanf anbauen wollen oder können. In wenigen Wochen, am 1. Juli, dürfen die Anbauvereinigungen ihre Genehmigung beantragen und bei Erteilung ganz offiziell loslegen und fortan bis zu 50 Gramm pro Monat jeweils an ihre maximal 500 Mitglieder abgeben.

Cannabis-Clubs brauchen geeignete Bedingungen für Anbau

So korrekt, so gut. Aber eben nur auf den ersten Blick. Zum Leidwesen der Cannabis Community hatte der fürsorgliche Staat mitnichten an alles gedacht. Etwa an die naheliegende Frage, wo der Anbau eigentlich erfolgen soll. Allein für Berlin schätzen Experten den monatlichen Bedarf aller Clubs auf zwei Tonnen Cannabis. Mit ein paar Pflanzen im Hinterzimmer oder der liebevoll gepflegten Kleinplantage im Hinterhof ist es da nicht getan. Hinzu kommen Probleme bei der Kontrolle von Qualität und Quantität.

Folglich führt kein Weg an Hanfanbau dezentral und in räumlich abgetrennten Einheiten vorbei. Denn nicht nur die Frage der Flächen überfordert die Clubs, sondern auch die hohen Anforderungen, die der artgerechte Anbau von Hanfpflanzen stellt. Das geht von der Versorgung mit Nährstoffen über die Bewässerung und Belichtung und endet nicht zuletzt bei den Sicherheitsanforderungen. Da braucht es schon Kompetenz, die auch über einen längeren Zeitraum von der Pflanzung bis zur Ernte gewährleistet sein muss.

Scheitert der Anbau, scheitert das Gesetz

Die Clubs stehen jedoch vor weiteren Hürden wie zum Beispiel das Baurecht. Aber auch der enorme Energiebedarf muss berücksichtigt werden, ebenso wie der Schutz der Kontaminierung der sensiblen Pflanzen. Bei einem dezentralen Anbau der Hanfpflanze in räumlich getrennten Einheiten bleibt die Verantwortung bei den Clubs, die sowohl pflanzen als auch ernten müssen, denen jedoch dafür patentgeschützte professionelle Bedingungen geboten werden können. Vorteil ist neben der Qualitätssicherung auch die Sicherheit der Anbauparzelle. Und für den Staat bedeutet das Kontrolle, die bei diesem gesundheitsrelevanten Thema dringend erforderlich ist.

Sollten die Clubs nicht geeignete Anbauflächen finden, wäre das Gesetzt ad absurdum geführt und die Befürworter des Gesetzes hätten sich bis auf die Knochen blamiert. Daher wird auch fieberhaft vor dem 1. Juli im Bundestag an der Novellierung des Gesetzes gearbeitet. Wegen der gegenwärtigen Rechtsunsicherheit sind die Clubs zurückhaltend, denn es sind immer größere Investitionen zu tätigen. Eine weitere Regulierung der Clubs mit zusätzlichen Auflagen und Restriktionen führt – so hört man aus der Clubszene- zum Rückzug der Clubs. Das wiederum entzieht dem ganzen Gesetzesvorhaben die Grundlage.

Cannabis-Modellregion Mecklenburg Vorpommern mit Forschungscluster

Wenn nicht im Hinterzimmer oder der Garage, irgendwo muss der professionelle Anbau ja stattfinden. Ein Kompromiss könnte ein Modell in Mecklenburg-Vorpommern sein, das größere Flächen zur Verfügung stellen kann, jedoch - gesetzeskonform- jedem Konsumenten-Club seine eigene klar abgegrenzte Teil-Fläche anbietet. Bei dem Modell kann bei einer dezentralen Struktur effizient nachhaltig und emissionsfrei von den Clubs in einer zur Verfügung gestellten Einheit angebaut werden und damit die vom Gesetz gewünschte Marktdurchdringung gewährleistet werden, um den Markt flächendeckend zu versorgen und damit den Schwarzmarkt zurückzudrängen.

Die Planer in Mecklenburg-Vorpommern haben bereits zwei wissenschaftliche Kooperationen gegründet, darunter ein Ansatz, welcher die im Cannabisanbau anfallenden Anbauabfälle mittels eines Super Capacitors-Verfahrens verwerten soll. Ferner sind Forschungskooperationen mit zwei Hochschulen geplant und eine Zusammenarbeit mit dem Technologiezentrum Ost-Vorpommern. Diese Cannabis-Forschungsinitiative soll die Clubmitglieder einbeziehen und eine Cannabis-Academy auf dem Grundstück soll Clubmitgliedern ein breites Fortbildungsangebot anbieten. So können Wissensdefizite, die weit verbreitet sind, und Fortbildung bei diesem jungen Thema abgebaut bzw. angeboten werden. Die Region bei Anklam kann bereits einige auf Forschungseinrichtungen wie das Bioökonomiezentrum Anklam oder die Universität Greifswald mit Ihrem internationalen Studiengang M.Sc. Bioeconomy vorweisen. Mecklenburg-Vorpommern hat so die Chance mit kontrollierten Anbauflächen und den wissenschaftlichen Einrichtungen zu einer Modellregion für angewandte Forschung auf dem Gebiet des Cannabisanbaus zu werden, sprich zu einem Forschungs- und Innovationscluster. (fs)