Berliner Volksbank – Eine neue Ära
Zum Jahresbeginn wurde Carsten Jung zum Vorstandsvorsitzenden der Berliner Volksbank berufen. Die BERLINboxx sprach mit ihm über seine neue Rolle als Vorstandsvorsitzender, die Zukunft des Bankwesens und welche Rollen die Digitalisierung und FinTechs dabei spielen.
Seit dem 1. Januar sind Sie neuer Vorstandsvorsitzender der Berliner Volksbank. Welche Akzente werden Sie in der Strategie setzen und was sind Ihre größten Herausforderungen?
In den nunmehr zehn Jahren, in denen ich Mitglied des Vorstands der Berliner Volksbank bin, habe ich an der Ausrichtung unseres Kreditinstituts maßgeblich mitgewirkt. Insofern ändert sich nur bedingt etwas als neuer Vorstandsvorsitzender. Die größte Herausforderung wird sein, das erfolgreiche Geschäftsmodell einer Genossenschaftsbank auch im Zeitalter der Digitalisierung für die Kunden gewinnbringend zu gestalten. Meine Vorstandskollegen und ich fühlen uns dafür gut gerüstet.
Wie sieht das Banking der Zukunft vor dem Hintergrund der strategischen Gesamtbankausrichtung aus? Was heißt Digitalisierung bei der Berliner Volksbank konkret?
Viele Dinge, die von jungen Unternehmen angestoßen werden, die digitale Finanzdienstleistungen entwickeln, sogenannte FinTechs, finden sich bereits heute im Leistungsspektrum unserer Bank. Für eine regionale Genossenschaftsbank bleibt es die Aufgabe, das richtige Augenmaß zwischen Filialen mit einem attraktiven Beratungsangebot, Produkten und Services zu finden, die digital in Anspruch genommen werden können. Dabei schließt das Eine das Andere nicht aus, sondern vielfach lassen sich digitale Prozesse mit „echter“ Beratung verbinden.
Sie können auf einen erfahrenen Vorstand bauen. Dabei sind mit Martina Palte und Dr. Caroline Toffel zwei Frauen. Die Berliner Volksbank kann auf eine starke Frauenquote in der Führungsriege verweisen. Ist das Politik des Hauses und welches Signal sendet das in der traditionell von Männern geprägten Bankenlandschaft aus?
Während in Politik und Wirtschaft noch häufig über eine Frauenquote diskutiert wird, ist das bei der Berliner Volksbank kein großes Thema. 2013 wurde das erste Mal eine Frau Mitglied des Vorstands und Marija Kolak, die bis zum Jahresende 2017 im Vorstand war, ist heute Präsidentin des Bundesverbandes der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Aber nicht nur an der Spitze, sondern auch auf den ersten Führungsebenen sind Frauen zu 50 Prozent vertreten. Und auf den nachfolgenden Führungsebenen sind Frauen mit 39 Prozent vertreten und in der Gesamtbank machen Frauen mit über 60 Prozent den größten Teil der Belegschaft aus. Dieses Ergebnis haben wir ohne „Gender“-Programm, sondern aus unserer Unternehmenskultur selbständig entwickelt.
Stichwort Fintechs, Finanz-Start-ups, Blockchain-Technologie. Wie positioniert sich die Berliner Volksbank bei diesen Zukunftsthemen? Was genau macht die Berliner Volksbank Ventures Unternehmensbeteiligungsgesellschaft?
Wir finden diese Entwicklung außerordentlich spannend und sind als Berliner Volksbank Teil davon. So kooperieren wir mit interessanten Start-ups und investieren über unser Beteiligungsunternehmen Berliner Volksbank Ventures GmbH auch selbst. Einerseits wollen wir mit attraktiven Investments die Dynamik in diesem Bereich stützen. Andererseits ist es uns wichtig, die Bedürfnisse und Strukturen der zumeist jungen Unternehmen kennenzulernen. Mit VAI etwa sind wir noch weitergegangen und haben mit einem company builder gleich eine neue Plattform gegründet.
Bis zum 75-jährigen Jubiläum der Bank wollen Sie als Unternehmerbank Nummer 1 positioniert sein. Wie wollen Sie das erreichen und was heißt das in Wachstumszahlen?
Bereits heute sind wir im Geschäft mit Unternehmen in Berlin und Brandenburg sehr gut vertreten. In 2018 haben wir unser Neugeschäft auf rund zwei Milliarden Euro Kreditvolumen ausweiten und viele Unternehmer bei ihrem Wachstum unterstützen können. Derzeit investieren wir in unsere Standorte für Unternehmen und Firmenkunden und wollen künftig noch stärker als Strategieberater fungieren. Wir suchen zusätzliche Mitarbeiter, die daran mitwirken wollen, unsere Wachstumsstory zu schreiben! Das können auch Branchenkenner sein, die über entsprechendes Know-how verfügen, um die Bedürfnisse der Kunden besser zu verstehen.
Das Kundenverhalten verändert sich. Junge Generationen haben ihre Bank im iPhone. Was bedeutet das für Ihr Filialnetz bzw. die Filialen, die traditionell in der Vergangenheit die Nähe zum Kunden dokumentierten? Und: Wie wollen Sie die Generation 4.0 oder die Digital Nerds erreichen?
Die Kombination aus digitalem Angebot und persönlicher Beratung ist der Schlüssel zum Erfolg. Allerdings muss Beratung nicht immer an jedem Standort stattfinden und es ist vorstellbar, dass sie zum Beispiel teilweise per Video erfolgt. Wir probieren neue Wege der Kommunikation aus. Aber unsere Erfahrungen zeigen, dass auch „Nerds“ in bestimmen Lebenslagen eine persönliche Beratung geradezu wünschen.
Was erwarten Sie von der Marktentwicklung 2019? Bleibt die Konjunktur robust, wie wird sich das wirtschaftliche Wachstum entwickeln, wird es einen Zinsschnitt geben? Wo sehen Sie Probleme?
Berlin wird auch im Jahr 2019 seine Erfolgsgeschichte und seinen Wachstumskurs fortsetzen. Dieser Aufschwung macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Im letzten Jahr wurde erstmals die Marke von 1,5 Millionen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigen überschritten. Und auch für die nächsten Jahre sind die Beschäftigungspläne der ansässigen Unternehmen weiterhin positiv und demnach expansiv ausgerichtet.
Richtungsweisend für diese Erfolgsgeschichte ist der in Berlin stark ausgeprägte Branchenmix. Auch sehen wir, dass die geförderten Branchencluster – wie zum Beispiel Informations- und Kommunikationstechnik – einen nachhaltigen Beitrag für die Stadt leisten, genauso wie die lebendige Gründerszene, die sich in Berlin entwickelt hat und international Beachtung findet. Zudem profitieren alle von der äußerst dichten Hochschullandschaft.
Im Ergebnis ist Berlin eine bunte und vielschichtige Stadt im Wandel, was ihren Charme und ihre Anziehungskraft ausmacht. So wächst Berlin auch in seiner Einwohnerzahl, wodurch auch neue Herausforderungen für die Stadt entstehen. Wohnraum und Gewerbeflächen werden knapp und sind nur ein Teil der Nebenwirkungen des anhaltenden Wachstums. Viele Firmen sind zudem so gut ausgelastet, dass sie – auch bedingt durch einen Fachkräftemangel – aktuell über begrenzte Möglichkeiten bei der Annahme neuer Aufträge verfügen.
Letzte Frage: Als gebürtiger Berliner und ehemaliger Leistungssportler, was wünschen Sie sich persönlich von Ihrem ersten Jahr als Vorstandsvorsitzender?
Erfolge haben und diese auch feiern, ist einem Sportler nicht fremd. In diesem Sinne freue ich mich auf ein erfolgreiches Jahr, blicke den Herausforderungen zuversichtlich entgegen und hoffe sehr, dass sich die positive wirtschaftliche Entwicklung in Berlin und Brandenburg fortsetzt. (cr)