Berlin: Sharing ja – aber kontrolliert
Der drängende Klimaschutz rückt uns ganz schön auf die Pelle und ist längst nicht mehr von der Hand zu weisen. Er wirft unter anderem die Frage auf, wie wir uns innerstädtisch fortbewegen, ohne dabei die Umwelt zu belasten.
Mit dem Mobilitätsgesetzes Berlin (MobG) in 2018 wurde vom Berliner Senat erste Meilensteine in diese Richtung festgelegt. Doch kamen sie später als der freie Markt mit seinen Sharing-Angeboten von Autos, E-Rollern und -Scootern sowie Leihräder. Nun sorgt die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz mit einem Gesetzentwurf für neuen Wirbel.
Der Gesetzentwurf als neue stadtverträgliche Verkehrs-Chance?
Der Entwurf sieht vor, dass das gewerbliche Anbieten von Mietfahrzeugflotten einer straßenrechtlichen Sondernutzung unterliegt und hierfür eine Erlaubnis von der zuständigen Behörde eingeholt werden muss. Damit wird der bisherige Sharing-Markt komplett umgekrempelt. Dieser war in seiner bisherigen Gestaltung absolut frei. Im Klartext: Anbieter*innen der verschiedenen Sharing-Produkte konnten über die gesamte Stadtfläche frei agieren – was zu wilden Auswüchsen wie E-Scootern mitten auf dem Bürgersteig führte und für Fußgänger*innen eine Verletzungsgefahr darstellte.
Neue Regeln im Sharing-Business
Und genau diese Zustände sollen mit dem neuen Gesetz beendet werden. Denn das Straßenland dient dem Gemeingebrauch, also von uns allen. Die Sharing-Anbieter nutzen frei die gemeinsam genutzten Flächen für gewerbliche Zwecke. Das sollen sie in Zukunft auch weiterhin tun – nur geordneter, an erlaubten Standorten und mit einer Erlaubnis. Verkehrssenatorin Regine Günther betont in diesem Zusammenhang: „Sharing-Angebote sind ein wichtiger Teil der Mobilitätswende. Damit sie ihre positiven Wirkungen voll entfalten können, brauchen wir aber eine Möglichkeit, unerwünschte Entwicklungen zu verhindern. Dieser Gesetzentwurf markiert daher einen Schritt für eine stadtverträgliche Ausgestaltung: Mit den Regelungen können wir konkrete Anforderungen an Mietfahrzeuge stellen, etwa zur Anzahl, zur örtlichen Aufstellung oder auch zum Antrieb.“.
Regeln aufstellen – mit Zeitverzug
Ab Mitte 2023 wird die Sondernutzungs-Erlaubnis relevant für die Anbieter*innen. Die Zeit bis dahin ist als Übergangsfrist angedacht. Schaut man auf die Entwicklung des Sharing-Business gibt es Free-Floating-Carsharing seit 2009, Rollersharing seit 2014 und Leihräder seit 2015, so ein Bericht „Sharing Economy im Wirtschaftsraum Deutschland“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Demnach gibt es seit über zehn Jahren solche Sharing-Angebote. Dass der Senat erst in 2018 ein Mobilitätsgesetz beschließt und Reglementierungen der Sharing-Anbieter für 2023 vorsieht, zeigt ein Arbeiten im Schneckentempo. Gut, dass neue Regeln zur Verträglichkeit im Straßenland kommen – doch etwas sehr spät. (kk)