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Wirtschaftliche Dynamik stärken!
Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der IHK Berlin | Foto: Philipp Arnoldt, IHK Berlin

Wirtschaftliche Dynamik stärken!

10. September 2025

Mit der ersten Lesung des Haushaltsentwurfs im Abgeordnetenhaus von Berlin beginnen morgen die Haushaltsberatungen für die Jahre 2026/27. Die Berliner Wirtschaft appelliert, in den kommenden Jahren gezielt in die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts zu investieren, Unternehmen angesichts des abflachenden BIP-Wachstums nicht noch weiter zu belasten und die Bemühungen um eine langfristige Haushaltskonsolidierung konsequent weiter zu verfolgen. Klar ist: nur wenn die wirtschaftliche Dynamik am Standort in den nächsten Jahren gestärkt wird, ist die im neuen Haushalt geplante Rekordneuverschuldung langfristig auch tragbar.

Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK Berlin): „Die gute Nachricht beim jetzt vorliegenden Haushaltsentwurf ist, dass wesentliche Summen aus dem Sondervermögen des Bundes tatsächlich in Ertüchtigung und Ausbau der Infrastruktur fließen sollen. Das ist zwingend notwendig, denn der massive Investitionsstau bei jeglicher Infrastruktur behindert den Wirtschaftsstandort Berlin seit Jahren und ist auch langfristig nur durch eine stärkere Mobilisierung von privatem Kapital zu lösen. Außerdem darf die Politik nicht vergessen, dass „Sondervermögen“ am Ende zusätzliche Schulden bedeutet. Diese Schuldenlast ist langfristig nur dann tragbar, wenn gleichzeitig die wirtschaftliche Dynamik am Standort und damit die Einnahmebasis gestärkt werden. Aus Sicht der Wirtschaft wird der Entwurf dieser Verantwortung nur in Teilen gerecht. Unverständlich bleibt die geplante Einführung der sogenannten Ausbildungsplatzumlage, die zusätzliche Verwaltungskosten von über drei Millionen Euro pro Jahr verursacht, Unternehmen in schwierigen konjunkturellen Zeiten zusätzlich belastet - und keines der eigentlichen Probleme am Ausbildungsmarkt löst. Zeitgleich schaden die geplanten Kürzungen im Hochschulbereich sowie im Bereich des Umweltschutzes dem Image des Wissenschaftsstandortes und bremsen die Transformationsbemühungen der Berliner Wirtschaft aus. Und nicht zuletzt muss Berlin zügig die angekündigte Modernisierung des Vergabewesens vorantreiben, damit die angekündigten Investitionen in die Infrastruktur keine Fiktion bleiben.“

Die IHK Berlin sieht in den folgenden Handlungsfeldern einen dringenden Investitionsbedarf:

(Aus)Bildung und Fachkräfte

Die IHK Berlin lehnt die sogenannte Ausbildungsplatzumlage entschieden ab: Die Einführung der Abgabe verursacht laut aktuellem Haushaltsentwurf Verwaltungskosten von über drei Millionen Euro pro Jahr, ohne jedoch die eigentlichen Probleme am Ausbildungsmarkt zu lösen. Statt einer teuren und wirkungslosen Strafabgabe brauchen die Ausbildungsbetriebe Rückenwind. Der Doppelhaushalt sollte daher ausreichend Mittel für eine frühzeitige Berufsorientierung und Ausbildungsvorbereitung, das 11. Pflichtschuljahr, moderne Berufsschulen sowie die Schaffung wichtiger Rahmenbedingungen, wie bezahlbarem Azubi-Wohnraum und einem Azubi-Ticket bereitstellen. Positiv ist die verstetigte Förderung für die Berufsausbildung und für die Beratung zur Verbundausbildung.

Gleichzeitig sind im Bereich Arbeitsmarkt und Fachkräfte die Kürzungen bei Deutschkursen für Geflüchtete nicht nachvollziehbar. Lange Wartezeiten bei Sprachkursen hemmen die Integration in den Arbeitsmarkt und erschweren es Betrieben, dringend benötigtes Personal zu gewinnen. Im Bildungsbereich wiederum setzt das neue Berliner Schulbudget ein wichtiges Signal: Eine stärkere Autonomie der Schulen stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar und kann die Qualität der Bildung nachhaltig verbessern.

Mobilität und Stadtentwicklung

Es ist angesichts des enormen Investitionsrückstaus ein positives Signal, dass das Land Berlin das neue Sondervermögen des Bundes für die standortrelevante Sanierung von Straßen und Brücken, den Ausbau von U-Bahn- und Straßenbahnlinien sowie die Förderung des Wohnungsbaus nutzen will – entscheidend ist allerdings, dass das Geld in den nächsten Jahren tatsächlich auch verausgabt wird. Ebenso begrüßen wir die Fortführung von WELMO zur Förderung der gewerblichen E-Mobilität, die erstmalige Bereitstellung von Mitteln zur Umsetzung einer Sharing-Strategie sowie zusätzliche Mittel für die Zentrenentwicklung und die Stärkung des Berliner Einzelhandels.

Kritisch sind dagegen die Kürzungen bei der Weiterentwicklung eines stadt- und umweltverträglichen Wirtschaftsverkehrs sowie beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Unklar bleibt, ob der neue Haushalt ausreichend Mittel für die Verlängerung der U7 in Richtung BER sowie die Akquise von neuen Mittel- und Langstrecken vorsieht – gerade die Anbindung per Luft ist ein essentieller Baustein für das Wirtschaftswachstum und die Internationalisierung der Wirtschaft in der Metropolregion.

Umwelt und Energie

Die Wirtschaft begrüßt die fortgesetzte Förderung des Solarausbaus als wichtigen Schritt für die Energiewende. Gleichzeitig blicken wir jedoch mit Sorge auf die massiven Kürzungen in anderen Bereichen: Das faktische Auslaufen der Förderung des Berliner Programms für nachhaltige Entwicklung (BENE) droht die Transformation der Berliner Wirtschaft erheblich auszubremsen und bedeutet seitens des Landes den freiwilligen Verzicht auf EU-Kofinanzierung in Millionenhöhe. Beim Masterplan Wasser und dem Konzept der Schwammstadt gefährden die geplanten Einsparungen von jeweils mehr als 50 Prozent die Versorgungssicherheit der Stadt und bremsen die Anpassung an den Klimawandel aus.

Verwaltung und Digitalisierung

Es ist gut, dass im Bereich Verwaltungsdigitalisierung angestoßene Vorhaben mit dem Haushaltsentwurf für die kommenden beiden Jahre im Wesentlichen fortgeführt werden können. Allerdings vermisst die Berliner Wirtschaft mutige Zukunftsinvestitionen in leistungsfähige und souveräne IT-Infrastruktur, die die Berliner Verwaltung im Standortwettbewerb nach vorn bringen könnten. Dass die geplanten Einsparungen bei der Digitalisierung nicht allzu sehr ins Gewicht fallen, weil aus dem aktuellen Haushalt signifikante Summen nicht ausgegeben wurden, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin neben einer effizienten IKT-Steuerung – und zwingend eine Modernisierung und Flexibilisierung des Vergabewesens braucht.

Wissenschaft

Auch wenn die Kürzungen im Bereich der Hochschulfinanzierung abgemildert wurden, gibt es keinen Grund zur Entwarnung: Die strukturelle Unterfinanzierung setzt sich fort, Stellenabbau, sinkende Studienplatzkapazitäten und ein drohender Imageverlust für den Wissenschaftsstandort Berlin sind die absehbaren Folgen. (red)