Werden Fahrräder die Autos auf Berlins Straßen überholen?
Eine Stadt, die auf den Autoverkehr ausgerichtet ist, lässt sich in Sachen Platzverteilung für andere Verkehrsmittel nicht so schnell umkrempeln. Oder doch? Nicht schnell, aber beständig zeigt die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in seinem Jahresbericht 2021 die Umsetzung des Leitprojekt Radwegeinfrastruktur auf.
Der Radverkehrsplan macht Strecke in der Stadt
Neben den Fortschritten bei der Umsetzung des Berliner Mobilitätsgesetzes und der Mobilitätswende im Bereich der Radinfrastruktur durch den Senat, die Bezirke und der landeseigenen Gesellschaft GB infraVelo GmbH skizziert der Bericht das Jahr 2020 mit einem Ausblick auf das Jahr 2021.
Mit dem Plan wird der rechtliche Rahmen für die Radverkehrsförderung für die nächsten Jahre festgelegt. Dabei soll sich ein stadtweites Radverkehrsnetz mit einer Länge von 2.400 Kilometern über die Stadt verteilen. Davon werden 850 Kilometer ein Vorrangnetz mit einer Radwegbreite von 2,5 Meter pro Richtung und ein Ergänzungsnetz mit 1.500 Kilometern sowie einer Radwegbreite von 2,3 Metern Teil des stadtweiten Verkehrsnetz sein. Hinzu kommen noch 550 Kilometer auf Hauptstraßen mit einer Einrichtung von Fahrradwegen sowie Radschnellverbindungen von 140 Kilometern und mindestens 3,0 Meter Breite. Somit erhält die Hauptstadt in den kommenden Jahren eine moderne und sichere Radverkehrsinfrastruktur von 3.000 Kilometern.
Zum Vergleich: Fährt man von Ost nach West sind es 45 Kilometer und von Nord nach Süd 38 Kilometer. Die gesamte Länge der Stadtgrenze beträgt laut dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg 234 Kilometer. So gesehen werden viele Kilometer Radweg innerhalb der Stadt geschaffen.
Ein Wandel auf den Straßen?
Schon Max Raabe besang, wie schön das Fahrradfahren sei. Die Pandemie mit ihren Hygienevorschriften hat zusätzlich zu einem Umdenken geführt und viele aufs Fahrrad gelockt. Doch dem Trend ist der Ausbau der Infrastruktur noch nicht schnell genug hinterhergekommen.
„Mit dem neuen Radverkehrsnetz und seinen modernen Standards bei den Radwegbreiten haben wir das Ziel der Fahrradhauptstadt Berlin eindrucksvoll definiert. Es gilt nun, die Umsetzung weiter zu beschleunigen: mit Instrumenten wie den Pop-Up-Radfahrstreifen, mit verstärktem Engagement der Bezirke, mit klarer Aufgabenverteilung. Der Fahrradverkehr ist umwelt- und klimafreundlich, leise, emissionsfrei und gesund.“ hebt Senatorin Regine Günther hervor und ergänzt im Hinblick auf die Zukunft: „Unser Ziel ist, dass die wichtige Rolle des Fahrrads im Verkehrsmix breit akzeptiert wird und das Fahrradfahren in Berlin zur komfortablen Selbstverständlichkeit wird.“
Ob grüne Fahrradstreifen oder Fahrrad-Parkhäusern – die Umverteilung des Platzangebotes wird nicht allen Autofahrer*innen schmecken. Der Platz auf den Straßen ist da, doch wie dieser fair aufgeteilt wird, ist nicht nur eine rein rechnerische, sondern unter Verkehrsteilnehmer*innen auch eine emotionale Frage. (kk)