Von Betten und Bäumen
Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte vor kurzem beschlossen, dass in Berlin bis 2040 hunderttausende neue Stadtbäume gepflanzt werden sollen. Marc Schreiner, Geschäftsführer der Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG), verrät im Interview mit BERLINboxx, was ihn an der milliardenschweren Baum-Entscheidung stört, und wie er dagegen vorgehen will.
Sie haben Kritik geübt, dass Berlin bei der Verwendung der Mittel aus dem Sondervermögen des Bundes seine Prioritäten falsch setze. Welchen Finanzbedarf haben die Berliner Krankenhäuser aktuell, und wie kann dieser nachhaltig gedeckt werden?
Im Rahmen der von Berlin im Bundesrat mitgetragenen Krankenhausreform müssen Kliniken fit für die Zukunft gemacht werden. Umbau, Ausbau, Aufbau oder Schließungen müssen finanziert werden, damit wir eine auch in Zukunft tragfähige Krankenhausversorgung in Berlin sicherstellen können. Krankenhausträger haben in einer ersten Abfrage Reformprojekte im Volumen von 2,4 Milliarden Euro bei der Senatsgesundheitsverwaltung angemeldet. Die Antwort des Senats auf diesen Bedarf ist krass: Für 2026 und 2027 sind lediglich fünf bzw. zehn Millionen Euro vorgesehen. Damit lässt Berlin auch massiv Geldmittel aus der vorgesehenen Ko-Finanzierung des Bundes liegen, verzichtet auf rund 470 Millionen Euro in nur zwei Jahren Fondslaufzeit und verlangt sogar eine Trägerbeteiligung, wodurch die Kliniken zusätzlich belastet werden.
Politik muss die richtigen Prioritäten setzen: Kliniken sind nicht nur Rückgrat der Daseinsvorsorge, sondern mit 3,8 Prozent am Bruttoinlandsprodukt ein zentraler Wirtschaftsfaktor der Metropolregion Berlin-Brandenburg. Sie müssen endlich auskömmlich finanziert werden, um die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner zu sichern.
Die von der BKG entwickelte Klimaschutzstrategie erhielt nur sehr eingeschränkte Unterstützung. Was sind die Kernelemente der Strategie, und wie können Sie ihr die nötige Aufmerksamkeit verschaffen?
Krankenhäuser brauchen für die Versorgung der Menschen viel Energie und Ressourcen. In Deutschland wird der Anteil der Kliniken am gesamten CO2-Ausstoß auf etwa fünf Prozent taxiert. Wenn die Krankenhäuser bei ihren Klimaschutzbemühungen die notwendige Unterstützung erhalten, können wir im großen Maßstab Konsum von Energie und Ressourcen reduzieren und einen echten Mehrwert für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bringen. Mit unserer schon im Jahre 2022 entwickelten Klimaschutzstrategie identifiziert die BKG alle Maßnahmen, mit denen die Krankenhäuser einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz erbringen können. Neben der energetischen Sanierung und Errichtung von Gebäuden, dem Kern der Strategie, zählen Maßnahmen zu Müllvermeidung und -management, zur nachhaltigen Speiseversorgung, zur Modernisierung der Fahrzeugflotte und vieles mehr.
Dafür braucht es politische Unterstützung des Landes Berlin. Beispielsweise müssen in Berlin historische Krankenhausgebäude unter stark eingeschränkter Beachtung des Denkmalschutzes klimafreundlich saniert werden können.
Viele Krankenhäuser in Berlin sind bereits auf einem guten Weg – doch statt dies zu unterstützen, streicht die Berliner Politik Mittel aus dem „Green Hospital Programm“. Die Entscheidung im Klimaanpassungsgesetz, 3,2 Milliarden Euro, darunter die mittlerweile auf eine Milliarde Euro reduzierte Nutzung des Bundessondervermögens, unter anderem für die Neupflanzung von Bäumen zu investieren, zeigt: Es geht nicht um Aufmerksamkeit für die Strategie, sondern um Prioritätensetzung und einen Reality Check. Die Berliner Krankenhausgesellschaft übrigens ist Mitglied von Global Goals für Berlin e.V. zur Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele in unserer Stadt. Wir möchten dazu beitragen, dass ökologische Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und medizinische Qualität zusammen gedacht werden. Gesundheit spielt als Nachhaltigkeitsziel eine zentrale Rolle – denn eine lebenswerte Stadt braucht eine starke, zukunftsfähige Versorgung.
Mit welchen Mitteln und/oder Partnern wollen Sie weiterhin Druck auf die Politik ausüben?
Seit Sommer machen die Berliner Krankenhäuser gemeinsam mit Beschäftigten, Ärzteorganisationen, Krankenkassen, Verbänden und Gewerkschaften mit der Kampagne #Klinikoffensive jetzt! auf die kritische Situation aufmerksam. Mit vielen Maßnahmen - wie einem gemeinsamen offenen Brief, einer erfolgreichen Kundgebung vor dem Berliner Abgeordnetenhaus, einer Social Media-Kampagne – sowie in unzähligen Einzelgesprächen mit Verantwortlichen in der Politik zeigen wir: Das Land Berlin muss liefern und Investitionsmittel sowie ausreichend Mittel für den Transformationsfonds bereitstellen. Der Umbau der Krankenhauslandschaft in Berlin muss geplant und krisenfest ausgerichtet sein, Investitionen in Felder wie Cybersicherheit und bauliche Schutzmaßnahmen müssen unbedingt mitgedacht werden.