Tradition und Innovation
Im Gespräch mit Christoph Ahlhaus, Generalsekretär des Bundeswirtschaftssenats
Der Bundeswirtschaftssenat steht an der Spitze des BVMW und steht für einen jährlichen Umsatz von über 100 Milliarden Euro und rund 1,2 Millionen Beschäftigte. Die BERLINboxx sprach mit Generalsekretär Ahlhaus über den Bundeswirtschaftssenat und Zukunftsperspektiven für mittelständische Unternehmen.
Herr Ahlhaus, was imponiert Ihnen an mittelständischen Unternehmen?
Die Mischung aus Tradition und Innovation, aus Beständigkeit und Dynamik.
Wofür steht der Bundeswirtschaftssenat? Wonach wird entschieden, wer Mitglied wird?
Wenn man sich den BVMW als eine Pyramide vorstellt, dann bildet der BWS die Spitze. Diesem außergewöhnlichen Gremium gehören 280 herausragende Unternehmerpersönlichkeiten des „Who is Who“ des deutschen Mittelstandes – deutsche, europäische oder internationale Marktführer – an, aber auch drei Nobelpreisträger und mehrere international bekannte Künstler. Sie alle wissen um ihre besondere Verantwortung gegenüber Staat und Gesellschaft und leben diese auch ganz bewusst im unternehmerischen Alltag. Im vertrauensvollen Dialog mit Entscheidern aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien fungieren die Senatoren als eine Art Think-Tank des Mittelstands. Um Teil des Senats zu werden, bedarf es der Empfehlung einer unserer Senatoren. Anschließend entscheidet unser Präsident mit dem Vorstand des BVMW auf Vorschlag des Generalsekretärs, ob der Unternehmer oder die Unternehmerin zu diesem exklusiven Kreis passt. Erst dann erfolgt die förmliche Berufung zum Senatsmitglied und für besondere Verdienste die Ernennung zum „Senator h. c.“.
Was ist aus Ihrer Sicht notwendig, um die durch Corona ins Straucheln geratene Wirtschaft wieder hochzufahren?
Die Bundesregierung muss den Unternehmen (wieder) Sicherheit und Vertrauen geben. Das beschlossene Konjunkturprogramm bietet dafür bereits wichtige Ansätze. Besser ist jedoch ein Reform- und Wachstumsprogramm, um Strukturen zu ändern. Jetzt kommt es erst einmal darauf an, dass Lockdown-Maßnahmen im Einklang mit den Infektionszahlen stetig zurückgenommen werden, damit Geschäftsbetriebe Fahrt aufnehmen und der Konsum steigt. Ein weiterer zentraler Punkt ist die nachhaltige Bewältigung der Schulden, die durch die Krise entstanden sind. Damit es zu keinem Investitionsstau kommt, sollte es für Mittelständler möglich sein, mit moderaten Rückzahlungsprogrammen ihre Verbindlichkeiten zu tilgen. Die vollständige und rückwirkende Abschaffung des Solidaritätszuschlags zum 01. Januar 2020 und eine umfassende Reform der Unternehmens- und Einkommensteuer könnte das Hochfahren der deutschen Wirtschaft noch weiter beschleunigen und den Erholungsprozess verstärken.
Stichwort Krisenmanagement: Was kann und sollte der Mittelstand aus der Corona-Krise lernen? Was kann er in Zukunft besser machen?
Frühzeitige Investitionen in digitale Technologien und Werkzeuge haben sich in der Krise mehr als ausgezahlt. Deshalb kann man Mittelständlern nur raten, sich mit aktuellen Trends auseinanderzusetzen. Es gilt auch hier: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.
Was sind die drei größten Herausforderungen für den Mittelstand in den kommenden zehn Jahren?
Die wohl größten Herausforderungen sehen wir in den Themenfeldern Digitalisierung, Nachhaltigkeit und internationaler Wettbewerb. All diese Punkte sind miteinander verbunden, doch der Dreh- und Angelpunkt ist die Digitalisierung. Deutschland hat da leider erheblichen Nachholbedarf. Das fängt bei der digitalen Infrastruktur an und führt über den Fachkräftemangel zu einer starken IT-Abhängigkeit vom chinesischen und amerikanischen Markt. Digitale Lösungen können viele Prozesse und Strukturen effizienter gestalten. Das wirkt sich wiederum auf den Aspekt des Umweltschutzes und des nachhaltigen Wirtschaftens aus. Ohne digitale Technologien lassen sich die ambitionierten Klimaziele nicht in Einklang mit wirtschaftlicher und sozialer Nachhaltigkeit bringen. (aw)