Stadtentwicklung in Berlin: Bürger sollen sich besser beteiligen können
Mitentscheiden bei der Stadtentwicklung? Hört sich fast zu schön an, um wahr zu sein. Doch Bausenatorin Katrin Lompscher (Die Linke) hat dazu am gestrigen Montag Leitlinien veröffentlicht, die es Berlins Einwohnern möglich macht, sich besser an Stadtentwicklungsprozessen und -projekten zu beteiligen.
Leitlinien setzen Koalitionsbeschluss um
Bereits im Koalitionsvertrag der Berliner Regierungsparteien – bestehend aus SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen – wurde im Herbst 2016 beschlossen, dass Bürgerinnen und Bürger bei Fragen zur Zukunft Berlins stärker einbezogen werden sollen. Die von der Bausenatorin formulierten Leitsätze setzten diesen politischen Beschluss nun um.
Leitlinien sind Produkt erfolgreicher Beteiligung
„Mit den Leitlinien für die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der räumlichen Stadtentwicklung wird Berlin ein wichtiger Schritt hin zu mehr Partizipation und damit auch zu mehr Demokratie gelingen“, erklärt Katrin Lompscher bei der Pressekonferenz am Montag. Die Leitlinien seien ein Produkt erfolgreicher Beteiligung, betonte sie. 18 Monate hat ein Gremium daran gesessen und über eine umfangreiche Online-Beteiligung waren Berlinerinnen und Berliner mit einbezogen worden.
Grundsätze legen Ablauf der Beteiligung fest
Neun Grundsätze legen fest, wie die Bürgerbeteiligung in Zukunft ablaufen soll. Dabei geht es um zugänglichere Informationen, um mehr Verständnis füreinander und die frühzeitige Einbringung sowie den frühzeitigen Austausch von Interessen. Weiterhin soll der Zugang zur Beteiligung erleichtert und eine verbindliche Rückmeldung zu den Ergebnissen ermöglicht werden.
Für die Umsetzung werden fünf Instrumente eingesetzt. Es wird unter anderem eine zentrale Anlaufstelle, eine landesweite Vorhabenliste sowie ein Beteiligungsbeirat geben.
Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode
Mit der Umsetzung will der Berliner Senat noch in dieser Legislaturperiode beginnen. Aus diesem Grund hat der Senat in seinem Entwurf für den Doppelhaushalt 2020/21 beschlossen, die Haushaltsansätze für Beteiligung in einem ersten Schritt um insgesamt 2,2 Millionen Euro, davon 400.000 Euro für die zentrale Anlaufstelle für Bürgerbeteiligung und 1,8 Millionen Euro für die Anlaufstellen für Bürgerbeteiligung der Bezirke zu erhöhen.
Ziel der Leitlinien ist es, Beteiligung langfristig zu verankern und Konflikte frühzeitig zu moderieren. Durch die Leitlinien sollen künftige Beteiligungsverfahren eine Struktur und eine Qualitätssicherung erhalten. Bürgerinnen und Bürgern würde der Dialog mit Politik und Verwaltung erleichtert, heißt es in der Pressemitteilung des Senats. In einem nächsten Schritt wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen unter Mitwirkung des Arbeitsgremiums und gemeinsam mit räumlich planenden Verwaltungen sowie Ämtern ein Umsetzungskonzept erarbeiten.
Bürgerbeteiligung ist zeitaufwendig
Die Opposition lobt die Leitlinien von Katrin Lompscher. Der wohnungspolitische Sprecher der FDP, Stefan Förster, sagte: „Dass der Berliner Senat auf mehr Bürgerbeteiligung – gerade bei so einem wichtigen Thema wie der Stadtentwicklung – setzt, ist eine begrüßenswerte Idee“. Kritikpunkte sowie Verbesserungsvorschläge könnten somit von vornherein in die Planung miteinbezogen werden, fuhr er fort. Allerdings dürfe die Bürgerbeteiligung nicht zum Verhinderungsinstrument werden, betont Förster.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hingegen äußert sich kritischer. „Grundsätzlich ist gegen Transparenz, wie sie etwa durch die geplante Vorhabenliste sichergestellt werden soll, nichts einzuwenden“, sagte IHK-Geschäftsführer, Jörg Nolte. „In der Praxis dürfte jedoch die Umsetzung nicht nur unübersichtlich werden, sondern auch viel Zeit in Anspruch nehmen mit den entsprechenden Verzögerungen für die geplanten Bau- oder Infrastrukturprojekte.“ Irritierend sei aus Sicht der Wirtschaft vor allem die Idee, Träger privater Bauvorhaben dazu anzuhalten, ein eigenes Budget für die Bürgerbeteiligung einzubringen. „Hier werden Aufgaben von Politik und Verwaltung sowie Teile der Kosten auf die private Wirtschaft geschoben“, sagte Nolte. Er meint: „Wenn Bürgerbeteiligung, dann richtig: sie sollte weder Selbstzweck sein noch die Fachexpertise ersetzen.“ (lb)
Nach diesen neun Grundsätzen sollen sich alle Beteiligten richten
- Guter Umgang miteinander
- Bürgerinnen und Bürger in Beteiligungsprozessen stärken
- Entscheidungsspielräume festlegen und darin Ergebnisoffenheit garantieren
- Frühzeitig informieren und einbeziehen
- Viele Verschiedene beteiligen
- Für Information und Transparenz sorgen
- Verbindlich Rückmeldung zu den Ergebnissen der Beteiligung geben
- Ausreichend Budget und Ressourcen bereitstellen
- Leitlinien begleiten, bewerten und weiterentwickeln