Soforthilfe, Gewerbemieten und das Syndikat
Ein weiters Soforthilfepakt berücksichtigt ab Mitte August kleine und mittelgroße Betriebe, um sie beim Zahlen ihrer Miete zu unterstützen. Außerdem: die Kiezkneipe Syndikat wird heute geräumt, wodurch es zu vielen Demonstrationen kommt. Wütend sind die Teilnehmer insbesondere auf den Eigentümer.
Soforthilfe für kleine bis mittelgroße Gewerbebetreiber
Es war in den letzten Monaten für viele Unternehmen nicht einfach. Vor der Insolvenz ist niemand sicher – egal ob Großkonzern oder selbständiger Einzelhändler. Darum versucht der Berliner Senat durch Soforthilfeprogramme, die Berliner Betriebe bestmöglich zu unterstützen. Nach den schnellen Hilfspaketen im Frühjahr, können nun diejenigen Gewerbebetreibenden finanzielle Unterstützung beantragen, die noch keine erhalten haben und dennoch hohe Corona-bedingte Einbußen, in den Monaten April und Mai, zu verzeichnen hatten.
„Mit 90 Millionen Euro wollen wir unsere Unternehmen schützen und bei den Gewerbemieten unterstützen. Die Existenz vieler Unternehmen ist bedroht, da ihnen weiterhin Liquidität fehlt, um Mieten zu zahlen. Wir lassen die Unternehmerinnen und Unternehmer nicht allein. Mit der Soforthilfe Gewerbemieten unterstützen wir Mieter und Pächter von Gewerbeflächen mit bis zu 10.000 €.“, sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop.
Der Senat beschloss die Soforthilfe Gewerbemieten vor dem Hintergrund, dass am 30. Juni 2020 der Schutz der Mieter vor Kündigungen auslief. Voraussetzung für das Paket ist eine Mitarbeiteranzahl zwischen zehn und 249. Zudem muss ein Nachweis erfolgen, dass der Umsatz in den Monaten April und Mai zu den Vorjahresmonaten um 60 Prozent sank.
Die Zuschüsse können voraussichtlich ab dem 17.08.2020 bei der IBB beantragt werden.
Weitere Maßnahmen werden notwendig sein
„Für die Berliner Unternehmen ist es eine gute Nachricht, dass noch im August das Zuschussprogramm startet. Die Soforthilfe-Gewerbemiete ist ein wichtiger Lückenschluss in den Soforthilfeprogrammen der letzten Monate, da sie insbesondere auf den Mittelstand zugeschnitten ist.“, erklärte IHK-Präsidentin Beatrice Kramm. Denn der Mittelstand sei bei den anderen Programmen zu lange vernachlässigt worden. Ob die Zuschüsse den zu befürchtenden Anstieg von Insolvenzen abschwächen können, bleibe allerdings abzuwarten.
„Viele Unternehmen kämpfen immer noch mit den Auswirkungen des Lockdowns und sind weit vom Normalbetrieb entfernt. Zusätzlich zu den bisherigen Unterstützungsprogrammen können daher weitere Maßnahmen auf Landesebene notwendig werden, um die Krisenfolgen abzufedern und die Konjunktur zu stärken.“, so Kramm weiter.
Das Syndikat muss gehen
Das gerade kleinere Betriebe für eine Gesellschaft, ihre Identität und ihren Zusammenhalt wichtig sind, zeigen die Demonstrationen gegen die Schließung der Kiezkneipe Syndikat.
35 Jahre existierte die Bar im Schillerkiez in Neukölln und ist mittlerweile eine Stammkneipe vieler Neuköllner. „Nach der Schließung der Grießmühle im Januar droht mit dem Syndikat erneut ein Teil Neuköllner Kiezkultur und Identität verloren zu gehen. Das Syndikat ist seit mehr als 30 Jahren nicht nur irgendeine Kneipe, sondern ein Treffpunkt für Stadtteilarbeit von unten. Alternative Freiräume wie dieser sind elementar wichtig für den sozialen Zusammenhalt in Berlin - erst recht in Stadtteilen, die stark von Gentrifizierung betroffen sind.“, Werner Graf, Landesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen Berlin.
Nach Öffnung des naheliegenden Tempelhofer Felds stiegen die Mietpreise in der Gegend an – zu stark für das Lokal. Seit Januar hat das Syndikat keinen Mietvertrag mehr, heute soll die Kneipe geräumt werden. Seit gestern drücken zahlreiche Demonstranten ihre Solidarität für das Lokal aus. Denn mit der Räumung des Syndikats verliert die Linkeszene einen weiteren Rückzugsort in Berlin.
„Es ist Aufgabe der Politik, solche Orte in unserer Stadt besser zu schützen, oder zumindest geeignete Ersatzobjekte zu finden. Wir fordern die Senatsverwaltung für Finanzen und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen auf, die Suche nach alternativen Standorten in räumlicher Nähe zu intensivieren.“, so Graf.
Für ein sozialeres Gewerbemietenrecht
Aktuell stehe diesen Bemühungen und ein effektiver Schutz von Bestandsmietern vor allen die Gesetzeslage auf Bundesebene entgegen, erläuterte Graf. An dieser Stelle müsse die Bundesregierung endlich ihren Widerstand gegen eine soziale Reform des Gewerbemietrechts aufgeben. Denn durch Immobilienspekulation und einen angespannten Mietmarkt wären zunehmend auch Gewerbemieter von Verdrängung betroffen. Das würde nicht nur das Syndikat und andere alternative Projekte betreffen, sondern auch soziale und kulturelle Einrichtungen, den kleinen Einzelhandel oder Handwerksbetriebe.
„Sie alle sind aber wichtig für lebenswerte Städte, lebendige Kieze und den sozialen Zusammenhalt. Ein Gesetzentwurf der Grünen Bundestagsfraktion liegt dazu vor. Die rot-rot-grüne Koalition im Land Berlin hat zudem über unseren Justizsenator Dirk Behrendt Anträge im Bundesrat gestellt, die Bundesregierung und Bundestag zum Handeln auffordern. Es ist allerhöchste Zeit für einen Mietendeckel und einen besseren Kündigungsschutz im Gewerbemietrecht!“, so Graf. (aak)