Siemens will 470 Stellen in Berlin streichen
Der Industriekonzern Siemens will wegen seiner kriselnden Energiesparte insgesamt 2.700 Stellen abbauen, 1.400 davon in Deutschland. Vor allem die Standorte Erlangen und Berlin sind von den neuen Kürzungsplänen betroffen. Der Konzern plant, im Schaltanlagenwerk in Siemensstadt circa 470 der 3.000 Arbeitsplätze zu streichen. Durch den Stellenabbau will Siemens 500 Millionen Euro im Jahr sparen.
Siemens streicht stellen im Bereich Hochspannung
Im Siemens-Schaltwerk in Spandau werden 470 Arbeitsplätze gestrichen. Über die genauen Pläne des Abbaus wird nun mit den Arbeitnehmervertretern verhandelt. Aus früheren Angaben wird deutlich, dass der Konzern die Kosten bis 2023 um rund 2,3 Milliarden Euro reduzieren will. Dabei werden rund 10.400 abgebaut, jedoch 20.500 neue Stellen geschaffen Den Aufwand für sozialverträgliche Stellenstreichungen beziffert Siemens auf eine Milliarde Euro.
Besonders betroffen ist der Bereich Hochspannung, in dem zurzeit rund 1.900 Personen arbeiten. Die vom Stellenabbau betroffene Hochspannung gehört zu dem Konzernbereich Power und Gas (P&G), der Rest zu Smart Infrastructure, für den es keine Börsenpläne gibt. Allerdings ist der Börsengang von P&G für September 2020 geplant.
Berlin als Headquarter
Die Pläne zur Streichung wurden vor sechs Wochen vom Aufsichtsrat genehmigt. Zudem wurde der Abspaltung der Energie- oder Kraftwerkssparte sowie dem Börsengang unter bestimmten Bedingungen zugestimmt. Die Bedingungen lauten: Das somit neue Unternehmen (P&G) hat seinen Sitz in Deutschland und fällt unter die hier gültigen Mitbestimmungsregeln und Tarifverträge. Derweil arbeiten rund 20.000 Arbeitskräfte in Deutschland, davon 6.000 in Berlin.
Berlin macht sich daraus Hoffnungen, dass das Headquarter in die Hauptstadt zieht. Grund dafür ist die bedeutende Nähe zu politischen Entscheidungsträgern. Außerdem gehört das Gasturbinenwerk in Moabit mit 3.800 Mitarbeitern zu eine der größten Anlagen der Kraftwerkssparte. Allerdings fällt die Entscheidung über den Standort der Zentrale erst im Herbst. Zusammengefasst wird das neue Unternehmen mit 80.000 Beschäftigten voraussichtlich einen Umsatz von etwa 30 Milliarden Euro erwirtschaften.
Wettbewerb durch asiatische Anbieter
Aufgrund des Trends zu erneuerbaren Energien steht der Kraftwerksbereich seit langem unter Druck. Denn erneuerbare Energien unterminieren die fossile Energieerzeugung auch in Gaskraftwerken. Zudem gibt es weltweit Überkapazitäten. Das gilt auch für die Hochspannungsanlagen aus Spandau, die zu rund 90 Prozent in den Export gehen. Hinzu kommt der zunehmende Wettbewerb durch asiatische Anbieter, der diesem Bereich immer stärker zu schaffen macht.
IG Metall lehnt Abbau ab
Am Dienstag hatte das Siemens-Management die Arbeitnehmervertreter über den geplanten Stellenabbau informiert. Die Berliner IG Metall sei davon „unglaublich überrascht gewesen“, so ein Sprecher und kritisierte die Pläne von Siemens scharf: „Der kurzfristige Abbau von Beschäftigten ist in einem langfristig wachsenden Markt mit langen Zyklen gerade angesichts zunehmenden Fachkräftemangels nicht zielführend.“
Anfang Mai hatten die Arbeitnehmer der Abspaltung und dem Börsengang in der Erwartung zugestimmt, dass das Geschäftsmodell tragfähig sei. Birgit Dietze, Chefin der Berliner IG Metall meinte: „Wir erwarten Innovationen und Investitionen, damit Siemens zum Gelingen der Energiewende beiträgt“. Sie bezeichnet die Stellenstreichungen als „völlig ideenlos“. (lb)