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Senatorin Katrin Lompscher tritt zurück
Katrin Lompscher seit 2016 Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin | Foto: Ben Gross

Senatorin Katrin Lompscher tritt zurück

03. August 2020


Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher gab gestern ihren Rücktritt bekannt. Grund: Sie hatte in den letzten drei Jahren Bezüge aus ihrer Verwaltungs- und Aufsichtsratstätigkeit nicht abrechnet.

Senatorin gesteht Fehler ein

„Für mich steht fest, dass mein schwerer persönlicher Fehler mein weiteres Handeln als Senatorin dauerhaft überschatten würde. Deshalb erkläre ich mit sofortiger Wirkung meinen Rücktritt vom Amt als Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen und lege zugleich die drei mit dem Amt verbundenen Aufsichtsratsmandate nieder.“ – mit diesen Worten erklärte Berlins Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher am Sonntag überraschend ihren Rücktritt.

Grund hierfür sei die falsche Abrechnung von Bezügen: In den Jahren 2017 und 2018 bekam Lompscher Einnahmen für ihre Arbeit für Verwaltungs- und Aufsichtsräte, wie der Investitionsbank und der Tempelhof Projekt GmbH, die nicht versteuert wurden. Inzwischen habe Lompscher den fehlenden Betrag gezahlt und gleichzeitig ihre Steuererklärung prüfen lassen.

„Für diese Versäumnisse trage ich persönlich die Verantwortung und entschuldige mich dafür. Ich versichere, dass ich nicht mit Vorsatz gehandelt habe.“, betonte Lompscher. „Richtigerweise wird von politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern ein besonderes Maß an Verantwortung erwartet. Dieser Verantwortung bin ich nicht gerecht geworden und bitte die Bürgerinnen und Bürger Berlins dafür um Entschuldigung.“

Großer Respekt von der Berliner Politik 

Für ihren Rücktritt erhielt die Linken-Politikerin viel Anerkennung – nicht nur aus den eigenen Reihen.

„Wir nehmen Katrin Lompschers Entscheidung zum Rücktritt mit größtem Respekt zur Kenntnis.
Politische Glaubwürdigkeit misst sich auch daran, wie man mit persönlichen Fehlern umgeht. Katrin Lompscher übernimmt Verantwortung für ihren Fehler und zieht daraus die Konsequenzen.“, erklärten ihre Parteikollegen Katina Schubert, Landesvorsitzende von DIE LINKE, Klaus Lederer, Bürgermeister und Senator für Kultur und Europa, sowie Anne Helm und Carsten Schatz Vorsitzenden der Linksfraktion. Man schätze zudem Lompschers Arbeit der vergangenen Jahre, ihre Kooperationsbereitschaft und ihren Ideenreichtum. Die von ihr angestoßenen politischen Auseinandersetzungen werden man mit aller Kraft weiterführen, hieß es in der Erklärung weiter.

Auch aus Reihen der anderen Parteien und der Wirtschaft bekam Lompscher Zustimmung für ihr jetziges Handeln, wobei diese ihrer eigentlichen Arbeit der letzten Jahre meist kritisch gegenüberstanden. So twitterte Mario Czaja, CDU-Mitglied und ehemaliger Gesundheitssenator: „Ich teile die Wohnungspolitik von Lompscher nicht, für den konsequenten Schritt und den Rücktritt habe ich jedoch hohen Respekt. Ich glaube ihr, dass Sie diesen persönlichen Fehler sehr bereut und das es keinen Vorsatz gab.“

Hoffnung auf Seiten der Mietendeckelgegner

Gleichzeitig wird Lompschers Rücktritt, galt sie doch als Bauverhinderungssenatorin, von vielen Seiten als große Chance für die Stadt gesehen – vor allem da unter ihrer Führung der umstrittene Mietendeckel beschlossen wurde.

„Wer auch immer die Nachfolge an der Spitze dieses Schlüsselressorts für die Zukunft Berlins antritt, übernimmt mit dem Amt auch eine Reihe von Baustellen. Die nicht erreichten Neubauziele und der Mietendeckel sind da nur zwei Beispiele.“, äußerte sich IHK-Präsidentin Beatrice Kramm. Der Wechsel biete aber auch die Chance auf einen „Reset“ in der Zusammenarbeit mit allen Akteuren beim Thema Stadtentwicklung. Berlin brauche mehr bezahlbaren Wohnraum – gerade auch für Menschen mit mittleren Einkommen. „Nur gemeinsam mit der Wohnungsbauwirtschaft lässt sich dieses Ziel erreichen. Die Berliner Wirtschaft steht für die Zusammenarbeit bereit.“, so Kramm.

Ähnlich beurteilte auch Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands Deutschland IVD die Situation: „Jetzt besteht die Chance für den Berliner Senat, die ideologischen Fehler der vergangenen drei Jahre zu korrigieren. Berlin braucht endlich wieder eine/n Bausenator/in und keine Bauverhinderungssenatorin.“ Die Hauptstadt müsse sich ein Beispiel an der Neubaupolitik anderer deutscher und europäischer Städte nehmen, um das drängende Wohnungsproblem zu lösen. Eine Politik, die in Wahrheit gar keinen Neubau möchte, müsse mit dem Rücktritt Lompschers beendet werden, erklärte Schick.

Wer den Senat für Stadtentwicklung und Wohnen übernimmt ist derzeit noch offen. Über die Nachfolge werde man sich zeitnah verständigen und einen Vorschlag unterbreiten, erklärte die LINKE. Bisher gilt Staatssekretär Sebastian Scheel als möglicher Nachfolgekandidat. (aak)