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MIPIM 2025 - ein Rückblick
MIPIM 2025 - Opening Keynote Mario Draghi | S. d'HALLOY / IMAGE&CO

MIPIM 2025 - ein Rückblick

19. März 2025

Die Immobilienwirtschaft in Zeiten der Multikrise – Was es jetzt braucht

Die MIPIM, weltweit führende Veranstaltung zum Thema Immobilien, eröffnete auch 2025 Zugang zu globalem Kapital und bot konkrete Lösungen für die Immobilienbranche. Als einer der führenden Investitionsstandorte in Deutschland und Europa präsentierte sich Berlin erneut erfolgreich in Cannes. Die Vorträge und Präsentationen am Berliner Stand erfreuten sich durchgängig großen Interesses der internationalen Fachbesucher, was nicht zuletzt auf die Präsenz hochkarätiger Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Stadtentwicklung zurückzuführen war. Renommierte Investoren, führende Projektentwickler und Vertreter internationaler Unternehmen nutzten die Gelegenheit für Austausch und Vernetzung – mit Berlin im Fokus.

Es war eine Branchenmesse im Sparbetrieb. Mit der MIPIM 2025 ging die Immobilienwirtschaft ins dritte Jahr einer mehrfachen Krise, und viele scheinen sich damit arrangiert zu haben. Transaktionen blieben Mangelware, doch die Hoffnung, dass notwendige Portfoliobereinigungen oder Refinanzierungen für eine Deal-Welle sorgen, besteht weiterhin. Auf der mit rund 20.000 Personen aus 90 Ländern wiederum gut besuchten Veranstaltung wurden Kontakte geknüpft, Projekte vorgestellt und um Investoren geworben für dringend benötigte Bauprojekte. Mario Draghi, ehemaliger Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) und früherer italienischer Premierminister, setzte als einer der einflussreichsten Redner der Messe entscheidende Impulse. In seinem Bericht „The Future of European Competitiveness“ analysierte er die wirtschaftliche Transformation Europas im Kontext globaler Herausforderungen und skizzierte richtungsweisende Strategien für eine wettbewerbsfähige Zukunft.

Die Internationalität der MIPIM zeigte sich auch in der Vielfalt der vertretenen Stände. Neben Berlin präsentierten sich bedeutende Immobilienstandorte wie London, Paris, New York, Dubai und Singapur, die ihre Strategien zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen vorstellten. Hamburg stellte mit dem 'Hamburg-Standard' neue Ansätze zur Senkung der Baukosten vor, während Dubai mit innovativen, nachhaltigen Baukonzepten für Aufmerksamkeit sorgte. Diese globale Vernetzung unterstreicht die Bedeutung der MIPIM als zentrale Plattform für den Austausch internationaler Stadtentwicklungsstrategien und Investitionsmöglichkeiten.

Berlin setzt starke Impulse

Berlin nutzte die internationale Bühne, um seine Standortvorteile und Zukunftsstrategien vorzustellen. So resümierten Christian Gaebler, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, und Larissa Reinert, Managing Director der Runze & Casper Werbeagentur, dass sich die Hauptstadt in Cannes erfolgreich als dynamischer Zukunftsort positioniert habe. „Das Potenzial Berlins liegt in den Flächen für Wohnen und die damit verbundene Schaffung neuer Arbeitsplätze. Auch für internationale Investoren kann diese Stadt äußerst interessant sein“, so Bausenator Gaebler. Zu den gefragtesten Berlin-Repräsentanten zählte auch Susanne Tattersall, Geschäftsführerin der Tattersall Lorenz Immobilienverwaltung, mit ihrer Expertise aus dem Asset- und Property-Management.

Ein starkes Signal für die Innovationskraft der Hauptstadt setzte der Berlin Talk mit dem Thema „Berlin-TXL – Exzellenter Standort für Innovation, Wissenschaft, Arbeiten und Wohnen“. Neben Gaebler sprach Frank Wolters, CEO der Tegel Projekt GmbH, über die Transformation des ehemaligen Flughafens zu einem urbanen Innovationsstandort, die im Rahmen des Projektes „Urban Tech Republic“ realisiert werden soll. Dass Luftverkehr eine zentrale Rolle in der Energiewende spielt, weiß auch Drazen Nikolic, Managing Director Univers Deutschland. „Eine moderne, skalierbare Ladeinfrastruktur ist essenziell, um Flughäfen wie den BER nachhaltiger zu gestalten und eine emissionsfreie Mobilitätskette vom Boden bis in die Luft zu ermöglichen.“

Ein wichtiges Thema war die nachhaltige Stadtentwicklung. Alexander Müller, Co-Founder von Enter Commercial, verdeutlichte in seinem Vortrag „ESG as Profit-Center“, wie ökologische und soziale Verantwortung mit wirtschaftlichem Erfolg verknüpft werden können. Dies unterstrich Peter Noack von ZEITGEIST in seinem Statement „Der Immobilienmarkt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, getrieben durch demografische und geopolitische Veränderungen, Anforderungen an Nachhaltigkeit und technologische Fortschritte. Wir erleben eine Diskrepanz zwischen Wohnraumnachfrage und -angebot, die durch Bevölkerungswachstum und begrenzte Verfügbarkeit von Wohnraum verstärkt wird. Neue Unternehmen setzen auf den Standort Berlin, jedoch fehlen Wohnungen. Gemischte Quartiere, die Gewerbe, Wohnen, Infrastruktur Bildung und alle wesentlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens über kurze Wege miteinander verbinden, sind die Lösung.“

Zu den exponierten Vertretern aus Politik und Wirtschaft vor Ort gehörte Frank Schmeichel, Verleger der BERLINboxx und Gründer von Business Network Berlin. Der Experte für Immobilien-Marketing berichtete direkt vom Berlin-Stand über zentrale Themen der MIPIM und ordnete die Bedeutung der internationalen Trends für den deutschen Markt ein. Seine Analysen zeigten, dass Berlin als Standort für urbane Innovationen und nachhaltige Stadtentwicklung international stark wahrgenommen wird. Birgit Steindorf von Berlin Partner Business Location Services hob hervor, welche Chancen die Hauptstadt internationalen Investoren bietet, und wie gezielte Standortstrategien wirtschaftliches Wachstum ermöglichen.

Wohnungsbau: Berlin plant 50.000 neue Wohnungen

Berlin, das wurde auf der MIPIM deutlich, verfolgt konsequent das Ziel 50.000 neuer Wohnungen, um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden. Neben landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wird zunehmend auf private Investoren und Bauherren gesetzt. Ein wichtiger Akteur und Impulsgeber in diesem Prozess ist die Investitionsbank Berlin (IBB), die mit ihren Förderprogrammen gezielt Bauherren und Projektentwickler unterstützt. Im Fokus stehen dabei die soziale Wohnraumförderung, klimafreundliche Neubauten, nachhaltige Quartiersentwicklungen und energetische Sanierungen. Programme wie die soziale Wohnraumförderung der IBB helfen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu modernisieren. Die Periskop Development GmbH plant derzeit 120 Mikro-Apartments als attraktive Lösung für Zuziehende und Pendler in zentraler Lage. Dr. Simon Kempf, Managing Partner von Periskop Development, betont: „Die in der Weddinger Hochstraße geplanten Mikro-Apartments bieten eine attraktive Lösung für Pendler, Studierende sowie Expats. Gewerblich betriebene Mikro-Apartments sind zudem eine effektive und rechtssichere Alternative zu unzulässigen Ferienwohnungen und kurzfristigen Untervermietungen, die in städtischen Ballungsräumen zunehmend problematisch sind. Gleichzeitig bieten sie Fachkräften eine dringend benötigte Wohnmöglichkeit in zentraler Lage.“

Auch die HD Gruppe setzt den Schwerpunkt verstärkt auf die Errichtung von Wohnungen. „Solange der Wohnungsbau nicht massiv vorangetrieben wird, bleibt das Mietniveau auf hohem Stand. Genau deshalb setzen wir gezielt auf den Wohnungsneubau als eine unserer zentralen Assetklassen – und werden diesen Fokus auch weiterhin konsequent verfolgen“, betont Herbert Dzial, Geschäftsführer der HD Projektentwicklungs GmbH.

Frauen gestalten die Immobilienbranche

Welche entscheidende Rolle Frauen in der Immobilienbranche spielen, zeigte sich beim „Ladies in RE – Grow Together“ Event, organisiert vom ENTRALON Real Estate Club. Brandaktuelle Themen wie digitale Transformation, Leadership und wirtschaftliche Resilienz bestimmten die Diskussion. Zdena Noack, Managing Director, ZEITRAUM Student Housing, machte deutlich, dass heute schon Netzwerke von Entscheiderinnen in der Branche unverzichtbar sind.

Die MIPIM bot zudem mit dem BusinessLDN Women in Real Estate Brunch eine exklusive Plattform für weibliche Fach- und Führungskräfte, um sich über neue Führungsmodelle auszutauschen. In der Diskussion erwies sich, dass Frauen seltener digitale Netzwerke und KI-Tools nutzen als ihre männlichen Kollegen – ein Wettbewerbsnachteil, den es zu beseitigen gilt.

Potsdam als Modellstadt für urbane Innovation

Auch Potsdam nutzte die MIPIM, um sich als Innovations- und Wissenschaftsstandort zu präsentieren. Unter dem Motto „POTSDAM – Wissenschaftsstadt, Kreativort, Quartiersvielfalt“ stellte Bernd Rubelt, Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt, zukunftsweisende Konzepte vor. Besonders das Kirchsteigfeld-Quartier, das Wohnraum für 1.600 Menschen schaffen soll, wurde als Beispiel für durchdachte Stadtentwicklung vorgestellt. Zudem wurde der Potsdam Science Park in Golm als Innovationshub positioniert.

MIPIM-Expertentreffen im Impact House

Ein Highlight der MIPIM war das exklusive Networking-Event im Impact House in Antibes. Über 100 C-Level-Entscheider der Immobilienbranche diskutierten Zukunftstrends und Investitionsstrategien. CSU-Spitzenpolitiker Clemens Baumgärtner hielt eine leidenschaftliche Rede zur Wirtschaftsstärke Münchens und warb um Investoren. Er betonte die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz und nachhaltigem Bauen, insbesondere in der seriellen Holzbauweise.

Neue Chancen für die Zukunft

Die MIPIM 2025 spiegelte die Herausforderungen und Chancen der aktuellen Marktlage in Deutschland wider. Der heimische Immobilienmarkt ist weiterhin durch hohe Finanzierungskosten, regulatorische Unsicherheiten und gestiegene Baukosten belastet. Laut Branchenexperten hat sich die Marktdynamik verschoben: Während Wohnimmobilien weiterhin stark gefragt sind, insbesondere in Metropolregionen wie Berlin und München, geraten Büroimmobilien durch hybride Arbeitsmodelle unter Druck.

Daniel Goesch, Geschäftsführer von 1000hands, brachte die Lage prägnant auf den Punkt: "Steigende Zinsen und die geopolitische Situation dämpfen die Investitionsbereitschaft, daher waren merklich weniger Aussteller und Besucher auf der MIPIM 2025. Im Fokus standen nachhaltige Projekte, was sich auch an den Gewinnern der MIPIM Awards zeigt, und alternative Asset-Klassen wie Life Sciences oder Rechenzentren. Die Stimmung war vorsichtig optimistisch – viele Marktakteure sehen 2025 als Jahr der Stabilisierung, in dem sich kluge Investoren bereits strategisch positionieren."

Auch das Schneller-Bauen-Gesetz, das im Dezember 2024 in Kraft trat, zeigt, dass Berlin gut aufgestellt ist. Mit über hundert gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Anpassungen schafft das Gesetz die Grundlage für schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse. Es verbessert die Rahmenbedingungen für die Bau- und Wohnungswirtschaft und leistet insbesondere im mietpreisgebundenen Wohnsegment einen essenziellen Beitrag zur Schaffung dringend benötigten Wohnraums.

Internationale Investoren, wie Brookfield Properties und Oxford Properties, gestalten die Zukunft des Berliner Immobilienmarktes aktiv mit. Die global agierenden Unternehmen setzten am Potsdamer Platz gezielt auf nachhaltige Entwicklung und innovative Konzepte. „Davon braucht es mehr“, so Frank Schmeichel.

Auch wenn Marktunsicherheiten die Branche aktuell belasten, zeigten die Diskussionen und Präsentationen auf der Immobilen-Leadmesse, dass Nachhaltigkeit, Digitalisierung und innovative Finanzierungsmodelle als Schlüssel für zukünftiges Wachstum gesehen werden. Die MIPIM unterstrich eindrucksvoll: Wer mutige Entscheidungen trifft, kann auch in unsicheren Zeiten neue Wege beschreiten. Berlin hat sich als attraktiver Standort präsentiert, der diese Herausforderungen aktiv annimmt und strategisch in die Zukunft investiert. (jp)

Christian Junge, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Jürgen Kutz, Vorstand CGRE AG, und Ronald Pofalla, Vorstand und Sprecher CGRE AG