
Mindestlohn steigt, aber nicht wie gedacht
Der Mindestlohn wird in zwei Stufen bis 2027 auf 14,60 Euro pro Stunde steigen. Das gab die zuständige Kommission heute bekannt, an der es zuletzt Zweifel gab. Das Gremium beklagte nun den hohen Druck von außen.
Die Gespräche seien „sehr schwierig“ gewesen, berichtete Christiane Schönefeld, die Vorsitzende des unabhängigen Gremiums. Die Sozialpartner hätten aber „eine tragfähige Lösung“ gefunden. Das Ergebnis: Zum 01. Januar 2026 steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 13,90 Euro, und zum 01. Januar 2027 erneut auf 14,60 Euro pro Stunde. Der beschlossene Kompromiss sorge für einen „Ausgleich zwischen den Interessen der Beschäftigten und denen der Unternehmer“, so Schönefeld.
Späte Einigung
Zu Beginn der Verhandlungen hätten die Vorstellungen weit auseinander gelegen, meinte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Er war einer der drei Arbeitnehmervertreter in der Kommission und seit dem Start der Mindestlohnkommission an Bord. Erst um 09:10 Uhr, ca. fünfzig Minuten vor Beginn der Pressekonferenz, habe die Einigung gestanden. Mit dem Ergebnis hätten die Sozialpartner - Arbeitgeber und Arbeitnehmer - die Handlungsfähigkeit der Mindestlohnkommission bewiesen, betonte der Gewerkschaftsvertreter. An dieser Handlungsfähigkeit des neunköpfigen Gremiums hatte es in den vergangenen Monaten Zweifel gegeben. Noch gestern hieß es in Berlin, ein Scheitern der Gespräche sei nicht ausgeschlossen. Dann wäre die Mindestlohnkommission "Geschichte", war auch in Kreisen der Bundesregierung zu hören.
Bas hält Ergebnis für "ordentlich"
Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas begrüßte die Einigung - zumal in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Von der Erhöhung würden rund sechs Millionen Menschen profitieren. Dass Gewerkschaften und Arbeitgeber es schaffen, Kompromisse und vor allem eine Lösung zu finden, sei ein wichtiger Wert an sich, so die SPD-Politikerin.
Bas sprach von einer "ordentlichen Lohnsteigerung", mit der sie "gut leben" könne. Zugleich räumte die Ministerin "als Sozialdemokratin" ein: "Natürlich haben wir uns mehr gewünscht für die Menschen im Land. "Die Ministerin kündigte an, den Beschluss der Mindestlohnkommission übernehmen zu wollen.
Druck auf das Gremium
Steffen Kampeter, der Vertreter des Arbeitgeberverbandes in der Kommission, sprach von einem "anständigen Kompromiss". Insbesondere der zweite Erhöhungsschritt zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro sei aber sehr hoch, schränkte er ein. Kampeter, der seit 2016 in der Kommission sitzt, beklagte sich über einen "enormen politischen und medialen Druck" auf das unabhängige Gremium.
Auch die Vorsitzende Christine Schönefeld hatte zuvor schon den Druck von außen kritisiert. Das CDU-Mitglied Kampeter sprach eine klare Warnung aus: "Wenn die Politik nicht langsam begreift, dass die Unabhängigkeit der Kommission ein Wert an sich ist, dann wird es schwierig, dass wir diese Arbeit erfolgreich fortsetzen."
Niederlage für die SPD
Insbesondere die SPD hatte darauf gedrängt, den Mindestlohn auf 15 Euro pro Stunde zu erhöhen. Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und die Sozialdemokraten aber darauf verzichtet, eine konkrete Höhe festzulegen. Im Text heißt es lediglich, im Jahr 2026 sei ein Mindestlohn von 15 Euro "erreichbar", welches nun nicht mehr eintreten wird. Auf dem Bundesparteitag der SPD an diesem Wochenende dürfte das Thema für lebhafte Diskussionen sorgen - auch wenn die designierte neue Parteivorsitzende Bärbel Bas mit dem Kompromiss einverstanden ist. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hält die Debatte rund um den Mindestlohn für beendet. Die Kommission habe entschieden - mit objektiven Daten als Grundlage. Er gehe davon aus, "dass es für die Koalition keinen weiteren Diskussionsbedarf gibt", so Merz.