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Interview mit Christoph Straube von der W & L AG – „Eine Grundstücksentwicklung ist immer ein komplexes Projekt“
Vorstand der W & L AG. | Christoph Straube

Interview mit Christoph Straube von der W & L AG – „Eine Grundstücksentwicklung ist immer ein komplexes Projekt“

03. Mai 2023

Bauland in Großstädten wird knapper, weshalb der Nutzungserweiterung und Revitalisierung von Grundstücken eine immer größere Bedeutung zukommt. Damit können neue Wohn- und Gewerbeflächen geschaffen werden und man kann die Attraktivität von Standorten für Investoren erhöhen. Welche Möglichkeiten es dabei gibt und welche Potenziale gehoben werden können, weiß Immobilienexperte Christoph Straube, der Vorstand der W & L AG aus langjähriger Erfahrung.

Herr Straube, als Gründer und Geschäftsführer der W & L AG kennen Sie sich bestens mit dem Thema Grundstücksentwicklung aus. Welche Ansatzpunkte sind hier die wichtigsten?

Die Frage ist zunächst immer, um was für eine Art Immobilie es sich handelt. Nehmen wir einmal an, es geht um ein brachliegendes Grundstück. Hier würde man zunächst die Entwicklungsmöglichkeiten über einen Aufstellungsbeschluss bis zu einem neuen Bebauungsplan prüfen, wobei man eng mit der zuständigen Behörde zusammenarbeitet.

Wenn das Grundstück bereits erschlossen ist oder wenn es fremdgenutzt wird, prüft man Möglichkeiten einer Aus- oder Umnutzung. Zum Beispiel können Gewerbeeinheiten in Wohnräume umgewandelt werden.

Bei bestehenden Immobilien analysiert man, ob An- oder Ausbauten möglich sind – etwa in Form von Aufstockungen. Unter Umständen kann auch der vorhandene Baugrund effizienter genutzt werden.

Bauprojekte stehen und fallen mit der Finanzierung. Auf welche Faktoren achten Banken besonders?

Hier ist hervorzuheben, dass Banken nicht allein auf die Bonität achten. Ebenso spielen der Gebäudezustand und die Erfahrung des Grundstücks- bzw. Projektentwicklers eine Rolle.

Wenn etwa die Immobilie in gutem Zustand ist und wenn eine hohe Auslastung erwartbar ist, ermöglicht dies höhere Beleihungsgrenzen und es ist weniger Eigenkapital nötig. In Hinblick auf das Unternehmen prüft die Bank vor allem die Erfahrung und die Finanzkraft. Das hat den Hintergrund, dass es im Baugewerbe immer viele unvorhersehbare Entwicklungen gibt und es viel Erfahrung braucht, um ein Projekt trotzdem im Zeitrahmen fertigzustellen.

Nicht minder wichtig ist der Zeitverlauf. Je länger eine Projektentwicklung dauert, desto höher ist die Zinslast. Diese wirkt sich wiederum negativ auf die Erträge aus. Entsprechend hoch sind die Finanzierungskosten.

Woran erkennt man Grundstücke mit soliden Potenzialen?

Hier gibt es eine ganze Reihe von Kriterien. Zunächst einmal sind natürlich die klassischen Faktoren werthaltiger Immobilien zu nennen. Hierzu gehören vor allem die Lage, der Zuschnitt und die umliegende Bebauung. Hinzu kommen der Erschließungsgrad und die Bevölkerungsstruktur. Die Herausforderung besteht dabei vor allem darin, nicht nur auf die künftigen Entwicklungspotenziale, sondern auch auf die Wahrscheinlichkeit zu achten, dass die Gemeinde dem Projekt zustimmt und dass der Eigentümer zu einem angemessenen Preis verkauft.

Anhand von Kriterien wie diesen scannen wir den Markt systematisch ab und suchen manuell über Google Maps nach neuen Grundstücken, die angemessene Entwicklungspotenziale aufweisen. Gibt es aussichtsreiche Kandidaten, gleichen wir diese mit BORIS und vorhandenen Flächennutzungsplänen ab.

Vor allem die Zeit ist hierbei ja von entscheidender Bedeutung. Mit welchem Zeitrahmen muss man bei einer Grundstücksentwicklung etwa rechnen?

Hier kommt es ganz auf die Kommunen und die dahinterstehenden Prozesse, aber auch auf die Verfügbarkeiten von Gutachtern und Besonderheiten des jeweiligen Grundstücks an.

Am wichtigsten ist es zunächst einmal, einen gemeinsamen Weg mit der jeweiligen Gemeinde zu finden. Hier ist eine ausgeprägte Sensibilität für ihre individuellen Wünsche und Bedarfe gefragt. Gleichzeitig muss die Planung aber auch der Kalkulation des Entwicklers entsprechen.

Wurde mit der Gemeinde eine gangbare Lösung gefunden, wird der Aufstellungsbeschluss für einen neuen B-Plan erstellt. Von diesem Punkt an sieht der Prozess eine Reihe von Gutachten vor, bei denen es unter anderem um die Boden- und Luftqualität, den Schallschutz und den Artenschutz geht. Auch Altlasten, der Verkehr und Bodenerschütterungen werden dabei geprüft. Da es sich dabei um sehr komplexe Arbeiten handelt, kann der Zeithorizont hier durchaus bei mehreren Monaten liegen.

Im Anschluss geht es an die erneute Abstimmung mit der Gemeinde. Hier wird optimiert und es werden Wünsche und Verbesserungsvorschläge geprüft. Mitunter werden auch Anwohner und Nachbarn einbezogen. Ziel dieses Schrittes ist eine genehmigungsfähige Planung, die unter anderen Wasser- und Stromanschlüsse, Wege für die Feuerwehr, Parkflächen und Angaben zur Bauform enthält.

Ist der Prozess abgeschlossen, dauert es in der Regel noch zwei bis drei Jahre, bis der erste B-Plan für vier Wochen offengelegt wird. Gibt es keine Einwände erhält er im Idealfall acht bis zwölf Wochen später seine Rechtskraft. Im Falle von Reklamationen kann es zu einer zweiten Offenlage kommen.

Wir rechnen für den gesamten Prozess von Anfang bis Ende mit drei bis fünf Jahren.

Wir sprachen bereits kurz von Unwägbarkeiten. Welche Faktoren sind hier beispielhaft zu nennen?

Hervorzuheben sind hier vor allem der Artenschutz und die Altlasten. Beide Faktoren können einen erheblichen Einfluss auf Projektentwicklungen haben und diese sogar scheitern lassen.

Bei geschützten Tieren und Pflanzen etwa besteht die Möglichkeit, dass zunächst eine Umsiedelung erforderlich ist, ehe man mit den Bauarbeiten beginnen kann. Wenn eine Umsiedlung nicht realisierbar ist, weil zum Beispiel kein Lebensraum mehr vorhanden ist, kann dies das Aus für ein Bauprojekt bedeuten.

Ein weiterer bedeutender Faktor sind Altlasten. Das bedeutet, dass Grundstücke von ihrer vorherigen Nutzung kontaminiert sind. Das kann zum Beispiel im öl- und benzinverarbeitenden Gewerbe der Fall sein. In diesem Fall muss zunächst das kontaminierte Erdreich entfernt werden, was sehr teuer werden kann. Hier entstehen schnell Zusatzkosten im sechs- bis siebenstelligen Bereich.

Auch der Lärmschutz ist nicht zu unterschätzen. So mussten wir zum Beispiel erst vor Kurzem eine Schallschutzwand von 250 Metern Länge und 8 Metern Höhe für 62 Reihenhäuser bauen. Man kann sich vorstellen, dass dadurch erhebliche Mehrkosten entstanden sind.

Wie sieht der Markt für Grundstücke aktuell aus?

Aktuell ist ganz klar eine Ausdünnung des Marktes zu beobachten. Entsprechend schwer ist es, passende Grundstücke zu finden. Hier braucht man entweder viel Glück oder man nutzt unser Venture „Propertunity.ai“, das wir gerade entwickeln. Hier wird die Immobilien- und Grundstückssuche durch künstliche Intelligenz unterstützt.

Propertunity.ai arbeitet auf Grundlage eines leistungsstarken Algorithmus, der das Know-how eines professionellen Immobilienentwicklers mit umfangreicher KI-Expertise verbindet. Er arbeitet mit einer Postleitzahlensuche und filtert geeignete Flächen heraus. Parallel dazu werden öffentliche Datenquellen einbezogen, die Informationen über Bebauungspläne, Infrastrukturdaten und Flächennutzung enthalten.

Spricht man über das Thema Grundstücksentwicklung, geht es immer auch um Mehrwerte für Anwohner, Gemeindeverwaltungen und viele andere Interessengruppen. Wie ist hier ihre Erfahrung?

Ein zentrales Ziel einer Grundstücksentwicklung sollte natürlich immer der Mehrwert für die Bevölkerung sein.

So besteht etwa eins unserer Ziele darin, attraktiven Wohnraum zu schaffen, in dem sich nicht nur die Bewohner wohlfühlen, sondern der darüber hinaus auch den Standort attraktiver macht und weitere Interessenten anlockt.

Darüber hinaus eröffnet eine steigende Einwohnerzahl auch Mehrwerte für Gastronomie und Einzelhandel. Je nachdem, wie das Grundstück später genutzt wird, können auch Bedarfe gedeckt werden, die bis dahin noch offen waren, z. B. Altersresorts oder Pflegeheime.

Vor einiger Zeit haben Sie Ihr Leistungsportfolio ausgeweitet und übernehmen nun auch Projektentwicklungen. Wie kam es dazu?

Bei der reinen Grundstücksentwicklung handelt es sich um einen sehr langwierigen Prozess. In der Regel dauert es vom Aufstellungsbeschluss bis zum rechtskräftigen Bebauungsplan zwischen drei und fünf Jahre. Obwohl wir oft parallel mehrere Entwicklungen übernahmen, waren wir nicht voll ausgelastet und nach einigen Verkäufen auch etwas bedrückt, dass wir nicht mehr involviert waren, wenn die vorher aus dem Nichts entwickelten Projekte Stück für Stück entstehen und am Schluss dem zufriedenen Kunden übergeben werden.

Dabei fühlten wir uns an die Aufregung und das besondere Erlebnis unseres ersten Bauträgerprojekts 2012 zurückerinnert, weiteten unser Partnernetzwerk aus, vergrößerten unser Team und realisierten von da an auch wieder komplette Projektentwicklungen. 2022 etwa entwickelten wir ein Ärztezentrum in Koblenz mit ca. 11.000 m² BGF und einen Neubau mit knapp 50 Wohnungen im Zentrum von Mannheim.

Lassen Sie uns zum Abschluss noch kurz in die Zukunft blicken. Welche Entwicklungen sind für Grundstücksentwickler auf absehbare Zeit von besonderer Bedeutung?

Hier ist etwa der aktuelle Ukraine-Russland-Konflikt zu nennen, dessen Folgen bereits jetzt weltweit zu spüren sind, der aber auch in den kommenden Monaten und Jahren weite Kreise ziehen dürfte. Hier muss man die kommenden Entwicklungen definitiv im Auge behalten.

Daneben spielt auch die aktuelle Zinsentwicklung eine Rolle, die neben möglichen Preissteigerungen und der Verfügbarkeit von Baumaterialien genau zu beobachten ist. Sie wird sich sowohl auf die Nachfrage als auch auf die Bauartklassen auswirken.

Weitere relevante Entwicklungen sind mögliche Zuschüsse und Förderprogramme des Staats. Aktuell bietet etwa die KfW Förderprogramme für altersgerechtes Umbauen, energieeffizientes Sanieren, erneuerbare Energie und Photovoltaik-Anlagen an. Je nachdem, ob der Bauträger bzw. der Eigentümer sie in Anspruch nimmt, kann sich dies auf das Bauvorhaben und die verbauten Materialien auswirken.

Mit Sorge betrachten wir dabei die aktuelle Entwicklung, dass Vorhaben für den Endverbraucher kaum noch attraktiv und umsetzbar werden. Denn was nützt ein Zuschuss, wenn mehr als das Doppelte aufgewendet werden muss, um ihn überhaupt zu erhalten.

Welche Ziele haben Sie mit Ihrem Unternehmen in den kommenden Jahren?

Wir setzen weiterhin auf ein organisches und nachhaltiges Wachstum. Das schließt eine Erweiterung unseres Bestands zur Erhöhung des Cashflows und eine Reduzierung des Fremdkapitalanteils zur Senkung der Finanzierungskosten und zur Minimierung des Finanzierungsrisikos ein.

Darüber hinaus sehen wir voller Vorfreude allen neuen spannenden Großprojekten und den Herausforderungen entgegen, die sie mit sich bringen.

Über Christoph Straube und die W & L AG

Christoph Straube ist Vorstand der W & L AG. Das im Jahr 2011 in Bad Soden im Taunus gegründete Unternehmen ist ein innovationsstarker, stark wachsender Immobilien-Projektentwickler mit Fokus auf Grundstücksentwicklungen, der in der Vergangenheit bundesweit zahlreiche erfolgreiche Projekte umsetzte. Das Kerngeschäft von Christoph Straube und dem Team der W & L AG ist das Wohnsegment. Darüber hinaus werden auch in zunehmendem Maße Projekte im Gewerbebereich umgesetzt.