Hauptstadt für nachhaltiges Design
Im Gespräch mit Ramona Pop, Bürgermeisterin und Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe
Die Kreativ- und Designbranche prägt nicht nur entscheidend das Image von Berlin, sondern ist auch ein großer Wirtschaftsmotor und wesentlicher Treiber für Innovationen in der Hauptstadt. Vor diesem Hintergrund hat die BERLINboxx mit Senatorin Pop über die Kreativ-Hochburg Berlin, die Situation der Branche in der Pandemie sowie Hilfen und Unterstützungen für Kreative gesprochen. Auch die Zukunft der Designbranche ist Gesprächsthema.
Berlin ist die erste europäische „UNESCO-Stadt des Designs“. Die Design- und Kreativwirtschaft beeinflusst das Image Berlins als kreative und junge Stadt. Welchen Standortvorteil hat Berlin in Ihren Augen für junge Designer und Manufakturen?
In Berlin werden Produkte, Möbel und Kollektionen entwickelt und Trends gesetzt. Als Metropole bietet sie bezahlbare Gewerbeflächen, eine Reihe an Netzwerken wie das Internationale Design Center oder den Fashion Council Germany, die DesignerInnen beim Aufbau des Unternehmens und der Professionalisierung unterstützen sowie zahlreiche Fördermöglichkeiten für junge und etablierte Designer und Manufakturen. Berlin hat beispielsweise als einzige Stadt in Deutschland ein gefördertes Netzwerk der Manufakturen. Berliner wie Touristen lieben die vielen kleinen und größeren Betriebe, die von Brillen, Betten, Lampen, Matratzen, Mode noch vieles von Hand und mit Liebe machen.
Vor der Krise boomte die Berliner Wirtschaft in vielen Bereichen. Dazu trug unter anderem auch die lebendige Kultur- und Kreativszene bei, die Menschen aus der ganzen Welt nach Berlin lockte. Ist diese Prosperität mit der Pandemie zum Erliegen gekommen? Wie unterstützen sie Berliner Designer aktuell?
Unsere Stadt hat ihren Kreativen und Kulturbetrieben viel zu verdanken. Darum lassen wir die Branche mit den Folgen der Coronavirus-Pandemie auch nicht allein. Vor allem die kleinen Anbieter, deren Läden länger geschlossen blieben sowie die, deren Angebote nicht auf digitalen Plattformen mit entsprechender Reichweite vertreten waren, leiden unter der Pandemie. Allen fehlen die Umsätze. Wir haben schnell und unbürokratisch geholfen. Von den knapp zwei Milliarden Euro an Berliner Soforthilfen wurden über 550 Millionen Euro, also rund ein Viertel der Gesamtsumme, an Unternehmen der Kreativwirtschaft in Berlin ausgezahlt. Somit konnten wir zahlreiche Arbeitsplätze der Branche sichern. Soweit möglich haben wir zudem geförderte Formate in Hybridveranstaltungen gewandelt. Andere Programme wie das Design Transfer Programm, über das jährlich rund 100 Innovationskooperationen von Designbüros mit Unternehmen aus allen Branchen gefördert werden, die Coaching Leistungen für junge Unternehmen sowie die Gemeinschaftsmessepräsentationen zugunsten Berliner Modelabels liefen teilweise abgewandelt weiter.
Welche Pläne gibt es für die Zeit danach, um die Kreativwirtschaft wieder anzukurbeln?
Weitere Überbrückungshilfen des Landes und des Bundes bei gravierenden Umsatzeinbrüchen sowie Gewerbemietzuschüsse stehen bereit. Es gibt von uns Digitalprämien, um den Wandel hin zu digitalen Formaten zu unterstützen. Demnächst kommt ein Kongressfonds zur Unterstützung von Veranstaltungen hinzu. Neu im Portfolio haben wir beispielsweise Workshops für DesignerInnen zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen sowie der Distributionskanäle. Denn die Lektionen des Virus sind: Krisen-Resilienz und Digitalisierung stärker voranbringen. In vielen Bereichen meines Hauses wird bereits daran gearbeitet, dass die Berliner Leuchtturmveranstaltungen nächstes Jahr wieder stattfinden können.
Gesprochen wird aktuell vor allem über den Wohnungsmangel bzw. die zunehmenden Schwierigkeiten von Kreativen, bezahlbare Ateliers oder Gewerbeflächen zu finden. Welche Hilfen gibt es für die Neuansiedlung?
Die Gewinnung neuer, der Erhalt bestehender und die Aktivierung potentieller Grundstücke sichern bezahlbare Gewerbeflächen und sind nicht nur für DesignerInnen, sondern für alle Branchen essentiell.
Wir haben deshalb an unseren Zukunftsorten Gründungszentren etabliert. Neben einem umfassenden Beratungs- und Unterstützungsportfolio stellen wir flexible Raumangebote mit günstigen Mieten zur Verfügung. Unsere Wirtschafts- und Technologiefördergesellschaft Berlin Partner unterstützt darüber hinaus: Sowohl Unternehmen, die sich in Berlin ansiedeln wollen, als auch bereits in Berlin ansässigen Unternehmen helfen wir mit umfassenden Serviceangeboten zur maßgeschneiderte Unterstützung – bei der Standortentscheidung und bei der Umsetzung vor Ort.
Nachhaltiges und Ressourcenschonendes Wirtschaften ist für viele Berliner Designer alternativlos. Welche Unterstützung erhalten sie aus der Berliner Politik?
Berlin gilt in Europa als Hauptstadt für nachhaltiges Design und Kreislaufwirtschaft dank zahlreicher Shops, Plattformen, Initiativen und nachhaltiger Brands sowie einem hohen Anteil sensibilisierter Käuferschichten. Laut Greenpeace haben wir die höchste Anzahl an Geschäften mit ökologisch zertifizierter Mode in Deutschland. Mehr als 13 digitale Berliner Plattformen bieten nachhaltige Mode und Accessoires an. Über 30 Berliner Modelabels, darunter zum Beispiel Trippen, Velt, Ewa Herzog, Philomena Zanetti, Vintage, Alama, Folkdays, People Berlin berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien in der Produktion der Kollektionen. Darüber hinaus behauptet sich Berlin als Ankerstelle für Pioniere der Kreislaufwirtschaft. Die Wirtschaftsverwaltung fördert nachhaltige Initiativen, Plattformen und Formate schon mehr als zehn Jahre. Darüber hinaus haben wir einige Bestandsaufnahmen im Design- und Modebereich dazu erstellt. Die meisten der von uns geförderten Veranstaltungen haben von Catering, Energie bis Einladungsmanagement viele Bereiche bereits nachhaltig aufgestellt.
Welche Zukunft sehen sie für die Designwirtschaft in Berlin?
Eine Zukunft mit vielen Chancen. Gerade in Krisen brauchen wir kreative und innovative Lösungen und Menschen, die über den Tellerrand denken. Hier ist Berlin besonders stark und so soll es mit der Designwirtschaft auch bleiben. (aw)