Dritter Krisenwinter in Folge droht
Keine Chance auf Erholung lautet die Prognose für die Berliner Wirtschaft. Entgegen aller Hoffnung und Erwartung wird sich die Wirtschaft dem aktuellen IHK-Bericht zufolge auch in diesem Winter nicht vor den Folgen der zahlreichen Krisen schützen können.
Unterbrochene Lieferketten, steigende (Energie-)Kosten, sinkende Kaufmotivation – die Liste der Negativfaktoren ist lang. Der Konjunkturklimaindex der Berliner Wirtschaft sank von 118 Punkten im Frühsommer auf 86 Punkte im Herbst. Hier schlägt die IHK Alarm: Da 100 Punkte den neutralen Wert markieren, zeige der Indikator einen starken konjunkturellen Gegenwind an. Besonders der Online-Handel, der zur Pandemie als Wachstumswunder galt, muss derzeit mit einer sinkenden Nachfrage zurechtkommen. Darüber hinaus rechnet die exportierende Industrie mit sinkenden Ausfuhren, das Baugewerbe mit unkalkulierbaren Preissteigerungen, bei den Handwerksbetrieben kühlt sich das Geschäftsklima ebenfalls ab, die Immobilienwirtschaft muss Preiskorrekturen managen, selbst die Berliner IT-Unternehmen blicken skeptisch in die Zukunft.
Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, fordert die Politik auf, einzugreifen: „Das Klima für Wirtschaftswachstum wird rauer. Die Zeit billigen Geldes, billiger Energie und sorgloser Globalisierung ist vorüber. Durch kluges Wirtschaften, zukunftsgerichtete Investitionen und mutige Innovationen wird unsere Wirtschaft die aktuelle Krise überstehen und die tiefgreifende Transformation, in der wir uns bereits befinden, als Chance nutzen. Doch dafür bedürfen die Unternehmerinnen und Unternehmer der Rückendeckung durch die Politik. Neben den kurzfristig wirkenden Entlastungen bei Energiekosten benötigen die Unternehmen eine langfristig verlässlich geplante Energiepolitik und außenpolitische Unterstützung bei der Sicherung von Lieferketten und globalen Handelsnetzen. Wohlstand und Wachstum basieren auf klugen Köpfen. Eine adäquate Bildungs- und Zuwanderungspolitik muss daher höchste Priorität haben. Doch nicht allein die Politik ist gefragt. Auch wir als Gesellschaft benötigen wieder mehr Mut. Das bedeutet, Unternehmen zu gründen, innovativ zu sein, auch einmal damit zu scheitern und auf neue Wirtschaftszweige zu setzen.“
Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin: „Energieintensive Betriebe, die ja schon seit Monaten hohen Belastungen ausgesetzt sind, brauchen eine zusätzliche Unterstützung! Nun geht es darum, die Härtefallregelungen für die Handwerksbetriebe zielgenau zu formulieren, so dass beispielsweise Bäckereien und Textilreinigungen unbeschadet durch den Winter kommen. Das Berliner Handwerk muss die Krise möglichst schnell hinter sich bringen, denn wichtige Zukunftsaufgaben, wie die Energiewende, stehen an.“ (bk)