BusinessMagazin
Die Straßen in den Kiezen aufmöbeln
In der Hauptstadt sollen die Straßen neu gestaltet werden – statt noch vorhandenen Parkplätzen werden dort in naher Zukunft Parklets gebaut. | Foto: Scott Webb on Unsplash

Die Straßen in den Kiezen aufmöbeln

20. Juli 2021

Die einen halten sie für schwachsinnig und Parkplatz-raubend, die andern begrüßen das Schaffen von kollektiv genutztem Platz. Die Rede ist von Parklets. Statt den Platzparkenden Autos zu überlassen, bilden sie auf den Straßen eine begrünte Fläche mit Sitzmöglichkeiten. Die Parklets werden nun vom Land Berlin geldlich gefördert.

Auf der Straße abhängen

Da, wo jetzt noch Auto stehen, sollen bald Parklets als Sitz- und Liegegelegenheiten, Spielflächen, urbane Gartenbeete, Büchertauschtürme, Fahrradabstellmöglichkeiten oder Zur-Schau-Stellungen von Kunstinstallationen o.ä. entstehen. Friedrichshain-Kreuzberg nimmt dabei die Rolle des Pilotbezirks ein, denn hier soll das Projekt der Entspannungs-Ecken als erstes umgesetzt werden. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz fördert ab sofort den Bau von bis zu 100 Parklets mit einem Gesamtfördervolumen von bis zu 350.000 Euro. Vereine, Initiativen und öffentliche sowie soziale Einrichtungen oder Verbände können den Bau von Parklets unterstützen, indem sie den Bau derer fördern lassen.

Die Frage der Platzverteilung und des Zwecks

„In unserem dicht besiedelten Bezirk setzen wir uns konsequent für mehr Flächengerechtigkeit im öffentlichen Raum ein. Vorab entworfene Kiezparklets helfen dabei, optisch ansprechende, funktionale und verkehrssichere Stadtmöbel in den Kiezen zu ermöglichen. Dazu gehört, dass wir auch Belange wie Spielen, Aufenthalt und Grünelemente gleichberechtigt zum Abstellen von Autos berücksichtigen.“ so Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann.

Für die neu geschaffenen Flächen sollen pro Parklet ein bis zwei Parkplätze neu genutzt werden. Das Programm baut auf den Zielen des Berliner Mobilitätsgesetzes auf, das eine gerechtere Verteilung von Verkehrsflächen, zum Beispiel durch Umwandlung von Flächen, die bislang durch den ruhenden Verkehr genutzt werden, im Sinne größerer Aufenthaltsqualität vorsieht.

So unterstreicht Verkehrs-Staatssekretär Ingmar Streese: „Parklets sind Orte der Begegnung, der Ruhe und oft auch Oasen des Stadtgrüns. Sie geben den Menschen wieder mehr Raum in ihrer Nachbarschaft. Das Förderprogramm soll das Zusammenleben in den Kiezen unterstützen. Es ermöglicht den Berlinerinnern und Berlinern, die Mobilitätswende mitzugestalten“.

Kritik von der Opposition

Weniger Oasenhaft sieht das Henner Schmidt, infrastrukturpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Er kritisiert das Konzept der Parklets und hebt die dadurch entstehenden Nachteile hervor: „Die bisherigen Versuche mit ‚Parklets‘ waren nicht ermutigend: Sie wurden vermüllt, umgewidmet und kaum zum eigentlich beabsichtigten entspannten Aufenthalt genutzt. Ein zusätzliches Förderprogramm für diese offensichtlich gescheiterte Idee ist nicht sinnvoll. Um Straßen attraktiver und lebenswerter für den Aufenthalt zu machen, reichen ein paar unförmige Holzkonstruktionen nicht, dafür müssen dann schon umfassendere und durchdachtere Konzepte erstellt werden.“

Ausgang ungewiss

Dass eine Stadt für die Menschen gebaut und gemacht sein soll, steht außer Frage. Doch wie diese konkret aussehen soll und welche Bedürfnisse der Menschen sie dabei erfüllt oder erfüllen soll, ist ein heißer Diskussionspunkt. (kk)