Deutschland vor der Bauwende – Länder in der Pflicht
Das Bau-Paket der Bundesregierung kann nach Einschätzung von Experten die überfällige Bauwende in Deutschland einleiten. Das umfangreiche Maßnahmenpaket eröffne eine Perspektive für die Branche, erklärte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. „Wichtig für die Branche ist nun die Prüfung eines attraktiveren Zinsverbilligungsprogramms, wie es in dem Papier durch die Bundesregierung vorgesehen ist. Den Investoren fehlt es schlicht und ergreifend an Liquidität. Das ist ein wesentlicher Hebel, um schnell neuen und vor allem bezahlbaren Wohnraum zu schaffen sowie der Baubranche Planungssicherheit zu geben.“
Müller forderte zugleich die Länder zu schnellem Handeln auf. Das gelte besonders für die Beschleunigung der Baugenehmigungen und die Senkung der Grunderwerbsteuer. „Bundeskanzler Olaf Scholz muss die Bundesländer jetzt in einer zügig einberufenen Ministerpräsidentenkonferenz in die Pflicht nehmen: Die Umsetzung der heute vorgelegten Punkte muss auf der Bauministerkonferenz im November bereits angelaufen sein, der Druck ist enorm.“
Auch renommierte Bauunternehmer und Projektentwickler drücken aufs Tempo. So sieht Herbert Dzial (HD Gruppe) angesichts steigender Zinsen die finanzielle Flexibilität insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen gefährdet. „Investitionen könnten zurückgehalten werden, was sich negativ auf das Wirtschaftswachstum auswirkt.“ Umso wichtiger sei jetzt die schnelle Umsetzung eines Zinsverbilligungsprogramms. Dzial gilt als einer der maßgeblichen Immobilieninvestoren und Restrukturierungsexperten Deutschlands und hat die von ihm in Berlin gegründete HD Gruppe zu einem Spezialisten für Highstreet Immobilien, Handelsimmobilien und Gesundheitsquartiere profiliert.
„Jetzt sind die Länder gefordert“, betonte Christian Gérôme (Allgemeine Immobilien-Börse), der seit 30 Jahren zu den führenden Projektentwicklern in der Hauptstadt zählt. Berlin sei ein typisches Beispiel dafür, wie die Politik auf Landes- und Bezirksebene durch Nicht-Handeln die Schaffung dringend benötigten Wohnraums blockiere. „Allein in Berlin könnten sofort zehntausende Wohnungen gebaut werden. Die Flächen dafür sind vorhanden, sie müssten nur vom Senat freigegeben werden.“ Ein weiterer Bremsklotz sei das hypertrophe Baurecht. Bei Bürokratieabbau und Deregulierung könne das Land Berlin mit gutem Beispiel vorangehen.