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Christophe Lemery von Albert Immo über die Berliner Baudynamik – Genehmigungen 2023 erneut zurückgegangen
Die Zahl der Baugenehmigungen in Berlin ist 2023 auf 2.588 gesunken | Pixabay

Christophe Lemery von Albert Immo über die Berliner Baudynamik – Genehmigungen 2023 erneut zurückgegangen

12. März 2024

Erhebungen des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg zufolge ist die Zahl der Baugenehmigungen 2023 erneut zurückgegangen. Problematisch ist das vor allem in Berlin, wo die Politik seit Längerem den Anspruch hat, viel zu bauen. Die Zurückhaltung bei den Bauherren führen Experten wie Christophe Lemery von Albert Immo vor allem auf teurere Finanzierungen, steigende Baupreise und zu langsame Genehmigungsprozesse zurück.

Die Analyse von Albert Immo - Baugenehmigungen im Wohn- und Nichtwohnbau rückläufig

Berechnungen des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg zufolge ist die Zahl der Baugenehmigungen in Berlin 2023 weiter gesunken. Nach 3.074 Genehmigungen im Wohn- und Nichtwohnbau (einschließlich Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden) im Jahr 2022 ist der Wert 2023 auf 2.588 gesunken. Die Zahl neu errichteter Wohngebäude fiel dabei von 1.724 auf 1.268. Das entspricht einem Rückgang von 26,2 Prozent und verdeutlicht eine besorgniserregende Entwicklung, die den Mangel an Wohnraum in der Stadt weiter verschärfen könnte. Etwas weniger gravierend, aber immer noch negativ fiel die Entwicklung bei den Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden aus. Hier ging die Zahl der durchgeführten Maßnahmen von 1.105 auf 1.059 zurück.

Ebenso verringerte sich die Zahl der insgesamt genehmigten Wohnungen zum siebten Mal in Folge. Waren es im Jahr 2022 noch 14.851 genehmigte Wohnungen, waren es 2023 nur noch 13.874. Zum Vergleich: Der Höchstwert der vergangenen 10 Jahre wurde 2017 erreicht. Damals waren es noch 21.472 genehmigte Wohnungen. Der Wert ist seitdem beständig zurückgegangen.

Eine ähnliche Dynamik zeigt sich in der bundesweiten Betrachtung. Hier ging die Zahl der genehmigten Wohnungen von Januar bis November 2023 im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum um 25,9 Prozent zurück. Das entspricht einem Rückgang von 83.200 auf 238.500. In diesen Zahlen sind sowohl die Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Gebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.

Die Anzahl der genehmigten Wohnungen in neu zu errichtenden Gebäuden ist in Deutschland im Jahr 2023 deutlich zurückgegangen. Von Januar bis November wurden 196.700 Wohnungen genehmigt, 28,8 Prozent oder 79.700 Wohnungen weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Einfamilienhäuser waren besonders stark von diesem Rückgang betroffen. Die Zahl der Baugenehmigungen sank hier um über ein Drittel (-38,6 Prozent bzw. -28.000 Wohnungen) auf 44.500. Zweifamilienhäuser wurden fast halbiert (-49,2 Prozent bzw. -12.900) auf 13.300. Auch bei Mehrfamilienhäusern, der Gebäudeart mit den meisten Wohnungen, gab es einen deutlichen Rückgang (-23,8 Prozent bzw. -40.800) auf 130.400. Einzig Wohnheime verzeichneten einen Anstieg (+29,4 Prozent bzw. +1.900) auf 8.500 neue Wohnungen.

Gründe für den Rückgang

Zurückzuführen sind die niedrigen Werte nicht nur auf bürokratische Hemmnisse und eine steigende Zahl von Interessengruppen, die vor der Ausführung eines Baus Kompromisse finden müssen. Die Zurückhaltung ist vor allem bei den privaten Bauherren auf die teurer werdenden Finanzierungen und die steigenden Baupreise zurückzuführen. In der Branche geht man aktuell nicht von einer nahen Trendwende aus.

Hinzu kommt, dass Genehmigungsverfahren vor allem in Großstädten wie Berlin aufgrund der Vielzahl der involvierten Interessengruppen zum Teil einen erheblichen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen, der von den Verwaltungen nur notdürftig bewältigt werden kann.

Baukosten steigen weiter an

Wie das Statistische Bundesamt meldet, sind die Baupreise im vierten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen, allerdings mit einem etwas schwächeren Anstieg als in den Vormonaten. Die Steigerung liegt nun bei 4,3 Prozent, nachdem sie im zweiten Quartal 2023 noch 6,4 Prozent und im zweiten Quartal 2022 sogar 17,6 Prozent betragen hatte.

Haupttreiber der Preissteigerungen im vierten Quartal 2023 waren Erdarbeiten, die sich um 6,2 Prozent verteuerten. Dagegen verbilligten sich Zimmer- und Holzbauarbeiten um 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Die steigenden Baukosten sind auf ein komplexes Ursachengeflecht zurückzuführen, durch das sich vor allem Materialien wie Stahl, Beton und Glas erheblich verteuert haben. So ist etwa die finanzielle Belastung für Betonarbeiten im Februar 2023 gegenüber dem Vorjahr um 15,2 Prozent angestiegen. Eine der Hauptursachen besteht in der Corona-Pandemie, durch die es zu großen Lieferengpässen und langen Stillständen auf den Baustellen gekommen ist. Die Lieferketten haben sich zwar inzwischen weitgehend normalisiert, doch spürt man die Folgen des Mangels an Baumaterialien und dem damit verbundenen hohen Bedarf noch immer. Erschwerend kam der Ukraine-Krieg hinzu, durch den erneute Lieferengpässe entstanden, die zum Teil noch anhalten.

Steigende Energiekosten haben zusammen mit der CO²-Steuer dazu geführt, dass die Hersteller ihre Preise weiter anpassen mussten, um auf die veränderte wirtschaftliche Situation zu reagieren. Dabei sind es vor allem Baumaterialien auf Erdölbasis, Beton und Glas, die deutlich teurer geworden sind. Teurer geworden sind außerdem HDF-Faserplatten, Stahl in Stäben und Bitumen.

Auch Finanzierungen weniger erschwinglich

Viele Jahre lang haben sich die Kosten für Baukredite immer mehr reduziert. Anfang 2022 hat sich dies aber abrupt verändert. Seitdem haben sich die Zinsen annähernd verdoppelt. Das ist nicht nur für Interessenten und Verkäufer problematisch, sondern auch für Menschen, die vor Jahren mit günstigen Zinsen gebaut haben.

Seit Ende 2021 haben sich die Bauzinsen annähernd vervierfacht. Je nach Laufzeit belaufen sie sich auf 3,5 bis 4 Prozent. Das belastet Immobilienkäufer auf vielfältige Weise, sowohl, wenn sie jetzt eine Immobilie kaufen wollen, als auch, wenn der aktuelle Kredit bald ausläuft und noch eine große Restschuld übrig ist. Die monatliche Belastung kann in beiden Fällen um mehrere Hundert Euro teurer werden als in den vergangenen zehn Jahren. Viele Haushalte werden sich den Finanzdienst gar nicht mehr leisten können. Gefährlich könnte die Situation vor allem für die werden, die vor einigen Jahren einen Kredit mit einer niedrigen Tilgungsrate abgeschlossen haben. Vor zehn Jahren belief sich die Tilgungsrate bei fast jedem zehnten Immobilienkäufer auf gerade einmal einen Prozent. Da die Tilgungsraten niedrig waren, hat sich die Gesamtschuld nicht deutlich reduziert und man bekommt Anschlussfinanzierungen nur zu deutlich schlechteren Konditionen, also einem höheren Zinssatz.

Experten gehen deshalb davon aus, dass es in den kommenden Jahren deutlich mehr Notverkäufe und Zwangsversteigerungen geben wird. So weist etwa Creditreform darauf hin, dass in der Niedrigzinsphase viele Deutsche zu knapp kalkuliert haben.

Für den Anstieg der Zinsen bei der Baufinanzierung ist vor allem die im Euro-Raum sehr hohe Inflation verantwortlich, die mehrere gravierende Leitzinsanpassungen der Europäischen Zentralbank nach sich gezogen hat. So wurde es für die Banken teurer, sich Geld bei der Zentralbank zu leihen, was sich wiederum auf Kreditnehmer auswirkt. Die Banken vergeben weniger Kredite und wenn, dann nur zu höheren Zinsen. Darüber hinaus müssen die Banken den Vorgaben der Bafin entsprechend mehr Geld als Kapitalpuffer zurückzulegen, falls Kredite nicht mehr bedient werden können. Diese zusätzlichen Kosten geben sie in Form gestiegener Bauzinsen an ihre Kunden weiter.

Für die kommenden Jahre ist eher nicht damit zu rechnen, dass die Zinsen für Baufinanzierungen sinken werden. Eine leicht positive Entwicklung besteht aber darin, dass die Preisanstiege sich im Vergleich mit den vergangenen Monaten allmählich verlangsamen. Von einer baldigen erneuten Niedrigzinsphase ist aber nicht auszugehen.

Über Albert Immo

Albert Immo ist ein seit 2015 aktiver Immobilieninvestor mit Fokus auf Wohnimmobilien in Deutschland, vor allem in Berlin. Das Portfolio des Teams um Christophe Lemery umfasst hauptsächlich Wohnobjekte, die langfristig gehalten und entwickelt werden. Dazu investiert Albert Immo in Instandhaltung und nachhaltige Wertsteigerungsmaßnahmen.

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