Böller-Debatte: CDU will Namen der Randalierer
Jedes Jahr herrscht zum Jahresende dieselbe Diskussion: Böllerverbot – ja oder nein? Im November 2022 haben laut Statista 60 Prozent der Befragten dafür gestimmt, dass es Verbotszonen für Feuerwerk und Böller in allen deutschen Großstädten geben sollte. Die meisten Böller-Gegner begründen dies damit, dass Böllernde ihre Mitmenschen in Gefahr bringen würden, und damit liegen sie nicht ganz falsch: Nach der Randale in der Silvesternacht mit Angriffen auf Polizei und Rettungsdienste wurden in Berlin 145 Menschen festgenommen. Die Debatte um die TäterInnen sorgt aktuell für starke Diskussionen in der Politik, besonders mit Blick auf die Integrationspolitik. Die CDU forderte die Herausgabe der Vornamen der Berliner Jugendlichen, die in der Silvesternacht festgenommen wurden.
„Wir dürfen nicht verdrängen, was in bestimmten Kiezen passiert“, begründet CDU-Fraktionsvize Frank Balzer die Forderung nach Offenlegung der Vornamen. Es gehe um Parallelgesellschaften, „die sich nicht an das Recht halten, die die Polizei verachten, die sie bekämpfen – und das im Alltag“. Die CDU habe keine voreiligen Schlüsse gezogen, sondern wolle aufklären. „Wir brauchen Fakten, um mit den Problemen mit Parallelgesellschaften, die wir in einzelnen Kiezen haben, umgehen zu können.“
Kritik aus allen Reihen
Nun hagelt es Kritik aus den anderen Fraktionen. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) verurteilt die Forderung seitens der CDU als absurd. „Wir dürfen die Menschen, egal, welchen Namen sie tragen, nicht über einen Kamm scheren, sondern müssen differenzieren.“ Die SPD stehe für eine Politik ein, die die Menschen in Berlin nicht „in solche mit richtigen und solche mit falschen Namen“ spalte.
Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kritisierte die CDU. "Klar müssen wir uns die Täterstrukturen ansehen, aber bei der Kommunikation müssen wir höllisch aufpassen“, so Spranger am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Sie betonte außerdem, dass MigrantInnen und ihre Kinder ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft seien. „Das sind alles Leistungsträger unserer Gesellschaft. Das sind Ärzte und Arbeitgeber, die Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen.“ Auch sie würden die Silvesterböller verurteilen.
FDP-Innenexperte Björn Jotzo erklärte, dass es falsch sei, Migranten oder Menschen mit nicht deutsch klingenden Namen zu kriminalisieren oder ihnen rechtswidriges Handeln zu unterstellen. „Die meisten Migranten sind eine wichtige Stütze unserer Gesellschaft und wir brauchen sie dringend.“
Die Polizei veröffentlichte Ende letzter Woche neue Zahlen zu den Berliner Silvester-Krawallen: Nur 38 Menschen wurden an Silvester wegen Böller-Attacken festgenommen, davon zwei Drittel Deutsche. Die anderen Verhaftungen beziehen sich auf verschiedene andere Delikte – neben Angriffen auf Beamte, zählen dazu Brandstiftung, Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz und Landfriedensbruch. Insgesamt waren 45 der Festgenommenen Deutsche, 27 Afghanen, 21 Syrer, neun Iraker, jeweils fünf Polen, Türken und Libanesen. Die Liste führt weitere Personen aus Frankreich, Italien, Australien, Indien, Iran, Serbien, Jordanien und afrikanischen Ländern auf. Die Debatte über mangelnde Integration, eine weitere Verschärfung des Waffenrechts und die bessere Ausrüstung von Einsatzkräften ist beruhend auf den Namen der TäterInnen nur bedingt aussagekräftig. (bk)