Bäume statt Bildung?
700.000 neue Bäume sollen Berlin grüner machen, doch WirtschaftsexpertInnen warnen, dass die Fokussierung auf die grüne Stadt die dringend benötigten Investitionen in Wachstum, Innovation und Zukunftstechnologien ausbremst.
Grün, aber nicht grün genug: Berlin gilt als die grünste Hauptstadt Europas. Dennoch will das hoch verschuldete Land in den kommenden 15 Jahren hunderttausende neue Bäume pflanzen. Die Hauptstadt würde dann über mehr als doppelt so viele Bäume wie heute verfügen. Historisch ist nicht nur die Zahl, sondern auch das Verfahren. Das Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet heute in einer Sondersitzung ein Klimaanpassungsgesetz – um dem angekündigten Volksentscheid einer Bürgerinitiative zuvorzukommen
Mindestens zwei Milliarden Euro dürften in die Baumpflanzoffensive fließen. Das Geld soll aus dem Sondervermögen des Bundes kommen. Doch die 5,25 Milliarden Euro über 12 Jahre sind ursprünglich für Infrastruktur, Innovation und Wachstum vorgesehen.
Kritiker machen auf die dringend benötigten finanziellen Mittel für Bildung, Digitalisierung oder die Sanierung von Kliniken aufmerksam. „Das ist ein absoluter Witz“, so der FDP-Landesvorsitzende Christoph Meyer. Statt in moderne Infrastruktur zu investieren, werde das Geld buchstäblich in den Sand gesetzt. Allein für die Sanierung von Polizei- und Feuerwachen würden 500 Millionen Euro benötigt. Ähnlich sieht es der stellvertretende Vorsitzende des Klinikpersonalrats der Charité, Alexander Eichholz: „Wir geben zwei Milliarden aus dem Sondervermögen für Bäume aus, statt den Initiatoren des Volksentscheids ernsthaft zu widersprechen und den Einwohnern zu erklären, dass man nicht alles kann.“
Ob Berlin mit seiner Million-Bäume-Offensive zum Vorreiter für grüne Stadtplanung wird oder ob Milliarden verpuffen, bleibt ein Balanceakt, den die Hauptstadt nun meistern muss. (vb)