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Ausstieg der Briten aus der EU – was bedeutet der Brexit für Berlin?

03. Februar 2020

Am vergangenen Wochenende, in der Nacht von Freitag auf Samstag, hat Großbritannien ganz offiziell die Europäische Union verlassen. Nun gibt es erstmal kein Zurück mehr – nach 47 Jahren Mitgliedschaft und langjährigen Diskussion seit dem Referendum 2016 kehren die Briten der EU endgültig den Rücken zu. Experten zufolge soll der Brexit vor allem Großbritannien selbst wirtschaftlich treffen. Aber auch in Deutschland und insbesondere in Berlin sind die Veränderungen zu spüren – allein in der Hauptstadt leben über 14.000 Briten, die um ihre Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland fürchten.

„Living in Germany guidance“

Durch eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2020 soll sich für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zunächst nichts ändern. Somit können britische Staatsangehörige also auch weiterhin ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen und Transferleistungen wie das Kindergeld beziehen. Bürgerinnen und Bürger, die bis zum Ende dieser Frist ihren Wohnsitz in Berlin anmelden, erhalten ein Dokument mit Aufenthaltsrechtsbestätigung und können auch nach Ablauf der Übergangszeit weiterhin in der Hauptstadt leben.

Wie sich die Umstellung auf Briten auswirkt, die zwar in Berlin arbeiten, aber in dem vorgeschriebenen Zeitraum keinen festen Wohnsitz beantragt haben, ist noch nicht absehbar. Diese Unsicherheit zeigt sich bereits deutlich an den gestiegenen Einbürgerungsanträgen ab dem Jahr 2016. So haben seit dem Referendum zwölfmal so viele Briten einen deutschen Pass beantragt und erhalten wie im vergleichbaren Zeitraum in den Jahren davor.

Einbuße im Bereich Tourismus

Besucher aus Großbritannien sind bereits seit einiger Zeit ein großer Gewinn für den Berliner Tourismus. Laut dem Amt für Statistik sind die Briten nach den Inlandsbesuchern zahlenmäßig die größte Gruppe aus dem Ausland – noch weit vor den Vereinigten Staaten. Der Exit des Königreichs wurde mit gesunkenen Besucherzahlen bereits deutlich spürbar – während laut visitBerlin im November 2018 noch 47.456 britische Touristen nach Berlin kamen, besuchten im selben Monat vergangenen Jahres nur noch 44.330 Briten die Stadt.

„London will always be European“

Michael Müller, Regierender Bürgermeister Berlins, bedauerte den Ausstieg des Vereinigten Königreichs, gab sich aber trotzdem optimistisch. Er hoffe auf eine Fortführung der bereits seit 20 Jahren bestehenden Städtepartnerschaft zwischen London und Berlin und eine zukünftige kulturelle Zusammenarbeit: „Wir werden unsere engen Beziehungen zu London zum Beispiel in den Bereichen Kultur und Wissenschaft weiter aufrechterhalten und wenn möglich intensivieren. Wir wollen, dass Britinnen und Briten auch weiterhin gerne in Berlin leben und zu unserem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wohlstand beitragen. Wir hoffen darauf, dass Berlinerinnen und Berliner auch weiterhin in London leben und arbeiten können und zum Beispiel unsere Schülerinnen und Schüler weiterhin die britische Lebensart und die lange demokratische Tradition Großbritanniens unkompliziert im Schüleraustausch erleben dürfen.“

Der Brexit – Gewinn für die Großen

Während der Brexit für Berlin zumindest wirtschaftlich erstmal eine untergeordnete Rolle spielt, haben vor allem Großmächte wie China und die USA ein berechtigtes Interesse am Ausstieg des Königreichs. Denn mit der neu gewonnenen Souveränität Großbritanniens verliert die EU eine wichtige Wirtschaftsmacht und schwächt somit ihre Position als Konkurrent gegenüber den Weltmächten. Viele Nicht-EU-Länder erhoffen sich nun verbesserte Handelsbeziehungen mit Großbritannien und auch die britische Insel geht davon aus, dass das Lösen aus den Gesetzen des Binnenmarkts wirtschaftliche Vorteile bringt. Ob das wirklich so ist oder ob die britische Wirtschaft doch härter getroffen wird, bleibt abzuwarten. (sz)