25 Jahre BERLINboxx
BusinessMagazin
Appell von Wirtschaftsverbänden und Kammern für 2026:
Ludwig Erhard Haus | IHK Berlin

Appell von Wirtschaftsverbänden und Kammern für 2026:

19. Dezember 2025

Standortpolitik first, Wahlkampf second!

In einer Zeit globaler Unsicherheiten braucht Berlin eine Standortpolitik, die Fesseln löst und konsequent auf Wachstum und Wohlstand setzt. In einem gemeinsamen Appell haben 18 Kammern und Verbände jetzt Forderungen an die Politik für die zentralen Handlungsfelder Verwaltung, Stadtentwicklung, Infrastruktur und Innnovation formuliert, um die Attraktivität Berlins als Wirtschaftsstandort zu sichern. Die Standortsicherung müsse auch im Wahljahr Vorrang haben.

Berlin verfügt als internationale Metropole mit starker Industrie- und Wissenschaftslandschaft und einer dynamischen Gründerszene über beste Voraussetzungen als innovativer und zukunftsfester Wirtschaftsstandort, so die unterzeichnenden Verbände. Branchen wie Tourismus, Gastgewerbe, Handel und Kultur sorgen für Lebensqualität und hunderttausende Arbeitsplätze. Allerdings würden diese Stärken durch überbordende Bürokratie, langwierige Verfahren, Vergesellschaftungsdebatten und zusätzliche Belastungen wie eine Ausbildungsplatzabgabe ausgebremst. Aufgabe der Politik sei es aber nicht, unternehmerische Entscheidungen zu ersetzen, sondern für klare innovationsfreundliche Rahmenbedingungen zu sorgen.

So fordert die Berliner Wirtschaft mit Blick auf das Handlungsfeld Verwaltung, im kommenden Jahr nicht nur das Landesorganisationsgesetz konsequent umzusetzen, sondern auch den Bürokratieabbau als Daueraufgabe mit verbindlichen Zielvorgaben gesetzlich zu verankern. Gesetzesentwürfe müssen vor Beschluss auf Bürokratiekosten geprüft werden. Zudem muss das Vergaberecht entschlackt und modernisiert werden, dazu gehört auch die Anhebung der Wertgrenzen wie im Nachbarland Brandenburg bereits vollzogen.

In der Stadtentwicklung braucht Berlin eine Flächenpolitik, die Wohnen und Arbeiten zusammendenkt, Gewerbe- und Industrieflächen sichert und Planungs- und Genehmigungsprozesse vereinfacht und beschleunigt. Enteignungsdebatten müssen beendet werden. Es braucht stattdessen einen konsequenten Neubau-Fokus mit der Ausweisung neuer Wohngebiete, eine Nachschärfung des Schneller-Bauen-Gesetzes, die konsequente Umsetzung der Genehmigungsfiktion sowie u.a. einen verbindlichen Baukosten-Check für neue Gesetze. Zudem müssen die Berliner und Brandenburger Bauordnung harmonisiert und Entwicklungs- und Artenschutzansprüchen verhältnismäßig gegeneinander abgewogen werden.

Trotz wirtschaftlich herausfordernder Zeiten ist der Fach- und Arbeitskräftemangel für Berlin längst Realität. Demografie, Wandel der Arbeitswelt und zu träge Strukturen verschärfen die Lage. Berlin braucht deshalb eine stringente Fachkräftestrategie, die Bildung, Zuwanderung, Qualifizierung und bessere Nutzung vorhandener Potenziale systematisch verbindet und das Matching auf dem Arbeitsmarkt insgesamt verbessert.

Konkret erwartet die Berliner Wirtschaft von der Politik verlässliche und wirksame Maßnahmen zur Stärkung der dualen Ausbildung statt zusätzlicher finanzieller Belastungen wie der Ausbildungsplatzabgabe sowie den Ausbau von Willkommens- und Anerkennungsstrukturen für internationale Fachkräfte, unter anderem durch zentrale Welcome-Center und vereinfachte Verfahren. Zudem müsse das Thema Beschäftigtenwohnen in all seinen Facetten mitgedacht werden. So sei es notwendig, Planung und Bau von Betriebswohnungen auf Unternehmens-Liegenschaften zu vereinfachen.

Staus, marode Brücken, ein überlasteter ÖPNV und unzureichend angebundene Gewerbestandorte bremsen Berlin aus. Ein investitionsstarker Wirtschaftsstandort braucht aber zuverlässige Erreichbarkeit – innerstädtisch, in die Region und international. Um die infrastrukturellen Engpässe zu überwinden, sind deshalb ein verbindlicher Sanierungsplan für Brücken und kritische Verkehrsinfrastruktur mit Prioritätenliste, Zeithorizont und gesicherter Finanzierung unabdingbar. Der 17. Bauabschnitts der A100 sowie die TVO müssen umgesetzt, der ÖPNV ausgebaut und der BER als internationale Drehscheibe gestärkt werden. Auch in diesem zentralen Handlungsfeld Infrastruktur braucht es beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren durch Standardisierung von Prüfungen, klare Zeitvorgaben und Genehmigungsfiktionen.

Berlin ist eine der kreativsten und forschungsstärksten Städte europaweit. Diese Stärke wird international sichtbar, wenn man sie mit Großveranstaltungen und Leuchtturmprojekten verknüpft – die wiederum als Katalysatoren für Innovation wirken und technologische Entwicklungen beschleunigen. Damit Berlin seine Rolle als Innovationsmetropole ausbauen kann, fordert die Berliner Wirtschaft deshalb die strategische Unterstützung von Exzellenzclustern, vertiefte Kooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen sowie den gezielten Ausbau von Transferstrukturen, um wissenschaftliche Exzellenz schneller in die praktische Anwendung zu bringen. Auch die gezielte Förderung von Startups und Scale-ups insbesondere im Deeptech-Bereich muss strategisch weiterentwickelt werden. (red)