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Alternatives Carsharing: Ein ukrainisches Start-up in Berlin
Der Carsharing-Markt in Deutschland bietet großes Potenzial | Foto: Prostooleh, Freepik

Alternatives Carsharing: Ein ukrainisches Start-up in Berlin

12. August 2025

Der ukrainische Carsharing-Dienst Getmancar expandiert nach Deutschland. Mit einem Angebot für Kundengruppen, die von etablierten Anbietern kaum erreicht werden, kooperiert das Unternehmen vorerst in den Metropolen Berlin, München und Frankfurt mit lokalen Partnern und setzt dabei auf Langzeitmieten sowie unkomplizierte Abläufe. Gründer Taras Getmansky sagt, dass der Schritt in die Europäische Union mehr als ein Jahr gedauert habe, und dass Deutschland der komplexeste Carsharing-Markt mit großem Potenzial sei.

Das 2018 in der Ukraine gegründete Unternehmen ist in den Städten Kiew, Dnipro und Lwiw fest etabliert und zudem in Georgien, Moldawien und Rumänien aktiv. In Deutschland umfasst der Fuhrpark derzeit 50 Fahrzeuge. Die deutsche Niederlassung soll jedoch kein bloßes Franchise sein, sondern eine Tochtergesellschaft. Dazu arbeitet Getmancar mit verschiedenen Partnerfirmen zusammen, etwa Einzel Mobility in Berlin, die Aufgaben wie Fahrzeugregistrierung, Kundenbetreuung und Wartung übernehmen.

Erfahrungswerte und Marktlücken nutzen

Getmansky erklärt, dass die lokale Expertise die Kosten erheblich senke. Sein Ziel sei es, bis Ende 2025 die Gewinnzone zu erreichen und die Flotte deutlich zu vergrößern. Allerdings vermeidet Getmancar bewusst den direkten Wettbewerb mit den großen Plattformen. „Wir können nicht mit Miles oder Sixt in Berlin auf ihrem Terrain konkurrieren. Wenn wir frontal angreifen, wäre das unser Tod“, sagt Getmansky. Stattdessen setze man auf Kundengruppen, die von großen Anbietern kaum berücksichtigt würden, etwa Menschen mit ukrainischem Führerschein. In Berlin gibt es laut Getmansky rund 300.000 potenzielle Nutzer in dieser Kategorie. Die größte Herausforderung für neue Anbieter in Berlin sei nicht der Wettbewerb, sondern die Verwaltung, denn eine Fahrzeugzulassung könne bis zu anderthalb Monate dauern. Es fehle an zentralen Ansprechpartnern und klaren Regeln, so Getmansky.

Besondere Zielgruppen und Flexibilität

Getmancar richtet sich in Berlin vor allem an Landsleute und andere Migranten, etwa aus dem Balkan. Auch deutsche Kunden nutzten gerne das Angebot, so Getmansky, weil bestimmte Fahrzeugmodelle bei großen Plattformen fehlten oder der Buchungsprozess zu kompliziert sei. Gefragt sei vor allem die angebotene Langzeitmiete: Geschäftsleute oder Familien testen Fahrzeuge oft über mehrere Wochen, bevor sie sich für einen Kauf entscheiden.

Derzeit beschäftigt Getmancar etwa 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland, überwiegend Ukrainerinnen und Ukrainer. Einige seien über Integrationsprogramme zum Unternehmen gekommen und verfügten über technische oder naturwissenschaftliche Abschlüsse sowie bereits erworbene praktische Erfahrung. Diese Fachkräfte seien schwer zu finden, sagt Getmansky.

Neben dem Personalmanagement profitiert Getmancar von einer flexiblen Flotte ohne hohe Investitionen. Ein ähnliches Modell sei auch in Kleinstädten oder am Stadtrand denkbar, wo große Anbieter bislang kaum vertreten sind. Zudem prüfe man bereits neue Formate wie Mikrovermietung oder Angebote für Unternehmen ohne eigenen Fuhrpark. „Alles, was flexibel, skalierbar und mit intelligenter Mobilität vereinbar ist, wird getestet“, sagt Getmansky. (mz)