370 Top-Mittelständler legen Fahrplan aus der Krise vor
370 erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer des Bundeswirtschaftssenats, dem Who is Who des deutschen Mittelstandes haben das Chancenpapier „Neustart Deutschland“ entwickelt und unterschrieben. Herausgekommen ist ein Fahrplan aus der Krise, eine Roadmap für Wachstum und Wohlstand in Deutschland.
„Neustart-Deutschland vereint das, was unsere mittelständischen Unternehmen schon seit Generationen erfolgreich und zum Rückgrat unserer Wirtschaft gemacht hat“, sagt Mittelstandschef Christoph Ahlhaus. „Kompetenz, Verantwortungsbewusstsein und unternehmerischer Tatendrang.“
Das Chancenpapier sei ein Angebot an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wieder gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um Deutschlands Wirtschaft aus der Krise und wieder ganz nach vorne zu bringen, so Ahlhaus.
Bürokratie
Staatliche Anlauf- und Meldestellen nach dem Once-Only Prinzip: Der BWS fordert die Einführung einer zentralen Anlaufstelle für Neugründungen (oder Betriebsummeldungen). In dieser sollten sämtliche Meldungen digital abgegeben werden können und von dort aus digital an die verschiedenen öffentlichen Stellen weiterverteilt werden.
Staat und Verwaltung als digitale Vorreiter: Der BWS fordert die Registermodernisierung und die Einführung digitaler Identitäten. Dies bildet die Grundlage, um bessere Verwaltungsprozesse und das Once-Only Prinzip umsetzen zu können.
Genehmigungsfiktion bei Fristüberschreitung: Der BWS fordert die Einführung einer Genehmigungsfiktion, in deren Rahmen ein Antrag automatisch als bewilligt gilt, wenn bestimmte definierende Fristen von der Verwaltungsbehörde überschritten wurden und der Antrag nicht explizit abgelehnt wurde.
Energie
Brückenstrompreis für den Mittelstand: Energiepolitik ist Standortpolitik. Der BWS fordert die Einführung eines temporären vergünstigten Strompreises auch für den Mittelstand. Jedoch sollte dieser Preis zeitlich begrenzt sein, um Unternehmen weiterhin dazu zu motivieren, Teil der Energiewende zu bleiben.
Technologieoffenheit: WIND – Aktuell stockt der Ausbau der Windenergie. Der Grund: langwierige Genehmigungsverfahren. Der BWS fordert die Beschleunigung dieser Verfahren. Flankierend sollten zudem bürokratische Vorgaben abgeschafft werden, die den Ausbau verzögern. SOLAR – Auch beim Ausbau der Solarenergie muss ein Deutschlandturbo umgesetzt werden, um die Ziele bis 2030 zu erreichen. WASSERSTOFF – Ein Kernnetz Wasserstoff ist in Planung. Aber ebenso braucht Deutschland eine Importstrategie sowie genügend Kapazitäten für die Elektroylse sowie eine gute Infrastruktur im Mobilitätsbereich. Komplementierend muss die Anzahl der Gaskraftwerke deutlich steigen. Hierfür müssen Genehmigungen und Bau priorisiert werden.
Digitalisierung
Digitale Verwaltung stärken: Der BWS fordert, dass das Onlinezugangsgesetz (OZG 2.0) unter Hochdruck umgesetzt wird und die 15 wichtigsten Verwaltungsdienstleistungen bis Ende 2024 zu digitalisieren. Ziel muss es sein, alle Unternehmensdienstleistungen bis Ende 2025 nach dem Prinzip „digital only“ anzubieten.
Digitale Bildung: Durch das Verschieben des Digitalpakts 2.0 ist die Investitionssicherheit für Bildungseinrichtungen gefährdet. Der BWS fordert Planungssicherheit und eine ganzheitliche Betrachtung (nicht nur Beschaffung, sondern auch Instandhaltung und Support wichtig), um auch in Zukunft ausreichend viele Fachkräfte bei einer immer weiter voranschreitenden Digitalisierung zu haben, ist hier langfristige Sicherheit wichtig.
Stärkung der digitalen Souveränität: Damit Deutschland stärker am steigenden Wohlstand der Digitalisierung teilnehmen kann, sind bessere Bedingungen notwendig. Der BWS fordert Investitionsanreize, wie Superabschreibungen für digitale Investitionen, ein digitales Fortschrittsnarrativ sowie die Unterstützung vorhandener Unternehmen bei der digitalen Transformation.
Förderung von Start-Ups: Die deutsche Wirtschaft braucht eine systematische Förderung von digitaler Transformation. Auch und gerade durch finanzielle Förderung von Start-Ups und Künstlicher Intelligenz. Die Förderung ist auszubauen und zielgenauer sowie unbürokratischer zu gewährleisten.
Arbeit und Soziales
Fach- und Arbeitskräftemangel: Um den Fach- und Arbeitskräftemangel für den Mittelstand anzugehen, müssen die Potenziale bei Frauen und jungen Erwachsenen besser genutzt werden. Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege ist stark verbesserungsfähig. Zudem haben 1,7 Millionen junge Menschen in Deutschland keine Ausbildung. Der BWS fordert eine steuerliche Alternative zum Ehegattensplitting, eine umfassende Reform des Bildungswesens und eine Stärkung der beruflichen Bildung vis-a-vis der universitären Ausbildung.
Sozialabgaben senken: Die Sozialversicherungsbeiträge übersteigen dauerhaft die einstmalige Schallmauer von 40 Prozent. Für Beschäftigte führen immer höhere Sozialabgaben zu weniger Netto vom Brutto. Es ist nicht die Aufgabe der Unternehmen, das Versagen der Politik in diesem Bereich durch nicht produktivitätsgedeckte hohe Lohnabschlüsse zu kompensieren. Der BWS fordert umfassende Reform des Sozialversicherungssystems, um sicherzustellen, dass die Sozialabgaben die 40-Prozentschwelle nicht zu überschreiten. Unternehmen würden so von geringeren Lohnzusatzkosten profitieren und Beschäftigte hätten mehr Netto vom Brutto zur Verfügung.
Wohnungsbau
Grunderwerbssteuer senken: Die beschlossene Einführung der degressiven Abschreibung für Bauvorhaben ist ein erster wichtiger Schritt. Um den durch die Zinswende stockenden Wohnungsbau anzureizen, fordert der BWS die zusätzliche Absetzung oder befristete Aussetzung der Grunderwerbssteuer. Zusätzlich sollte über weitere Fördermöglichkeiten für den Neubau von privat genutztem Wohnraum nachgedacht werden.
Harmonisierung der Bauordnungsvorschriften: Bauordnungs- und planungsrechtliche Vorschriften, die zwischen Bundesländern und Kommunen variieren, bedeuten einen erheblichen bürokratischen und planerischen Mehraufwand und resultieren in höheren Baukosten. Viele Projekte lassen sich ohne rechtlichen Beistand nicht mehr realisieren. Daher fordert der BWS dazu auf, endlich die verschiedenen Landesbauordnungen zu harmonisieren.
Realistische Baustandards: Vorgaben, die das Ziel haben Neubauten energieeffizienter und damit umweltfreundlicher zu gestalten, treiben die durchschnittlichen Baukosten in die Höhe. In Verbindung mit den sprunghaft gestiegenen Zinsen (von 1,4 Prozent im Januar 2022 auf 4,1 Prozent im Juli 2023) bedeutet dies, dass bezahlbarer Mietwohnungsbau kaum mehr realisierbar ist. Der BWS fordert, der Zinsentwicklung Rechnung zu tragen und bei der Abwägung zwischen energieeffizientem Neubau und bezahlbarem Wohnraum, Vernunft und Augenmaß walten zu lassen.
Steuern & Finanzen
Steuerliche Wettbewerbsfähigkeit und Steuerbürokratie senken: Steuerrechtliche Wettbewerbsnachteile zu Ungunsten mittelständischer Unternehmen müssen beseitigt werden. Der BWS fordert, dass die Steuerbelastung für Unternehmen auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von 25 Prozent gesenkt wird. Ferner müssen die überbordenden Bürokratie- und Befolgungskosten eingedämmt werden.
Steuerliche Investitionsanreize setzen: Der BWS fordert die Einführung der im Koalitionsvertrag angekündigten Superabschreibung für alle Investitionen. So könnten für investive Ausgaben 120 Prozent der Anschaffungskosten im Rahmen der Abschreibungen aufwandswirksam verwertet und die Abschreibungszeiträume für Investitionen verkürzt werden.
Steuerliche Förderung von Eigenkapital: Ziel muss die korrespondierende steuerliche Behandlung von Fremdkapital und Eigenkapital sein. Der BWS fordert, dass fiktive Eigenkapitalzinsen die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Die Maßnahme stellt eine Win-win-Situation für den Fiskus und den Steuerzahler dar: Die Steuerbegünstigung führt zu höheren Investitionen, mehr Wachstum, krisenresilienteren Unternehmen und attraktiveren Standortbedingungen. Solidaritätszuschlag komplett abschaffen: Das jährliche Aufkommen aus dem Rest-Soli beträgt rund zwölf Milliarden Euro. Diese Summe wird zu Zweidritteln von 500.000 Unternehmen aufgebracht, die den Soli unverändert auf die Körperschaftsteuer zahlen. Der BWS fordert die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Allein für 2023 würde dies einer Entlastung von 13 Milliarden Euro entsprechen. Zweckmäßiger wäre es, wenn die Unternehmen diese Mittel für Investitionen in Forschung und Entwicklung verwenden könnten. (red)