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Inside Prora – Dokumentarfilm über den Koloss von Rügen
v.l.n.r. Uli Busch, Nico Weber, Filmemacherin, Richie Miller Marcello, Produzent von Universal Dream Factory aus Hollywood | Foto: BERLINboxx

Inside Prora – Dokumentarfilm über den Koloss von Rügen

12. März 2020

Der Film so monumental wie sein Sujet. In der Berlinale-Woche konnte Regisseurin Nico Weber bei einem nicht-öffentlichen Screening im ältesten Kino Deutschlands, dem Moviemento, ein epochales cineastisches Werk vorstellen, das in seiner beeindruckenden und epischen Bildsprache ebenso beeindruckte wie mit dem außergewöhnlichen und superlativen Hauptdarsteller. Dieser heißt Prora und ist ein Koloss. Wie der Untertitel Trauma und Traum vermuten lässt, wird vor allem das Paradoxe des historischen Monuments in dem 101-minütigen Werk Inside Prora ersichtlich.

Nico Weber erzählt in historischen Sprüngen die Geschichte, die ihren Ursprung in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts nahm. Der Wahn der Nazis, die ihr blind ergebenes Volk im Geist von Kraft durch Freude am Strand der Ostsee unterhalten – und ablenken – wollten, das jähe Ende durch den Zweiten Weltkrieg, die bleierne Militärzeit des repressiven DDR-Regimes als Übungsplatz für die NVA, das Siechtum der Nachwendezeit und das Erwachen zum Ferienparadies im Heute.

Ulrich Busch erkannte das Potenzial

Das ist vor allem einem Mann zu verdanken, der das Potenzial des geschichtsbelasteten Ortes früh erkannt hat – Ulrich Busch. Der Sohn des legendären DDR-Sängers, Schauspielers und Regisseurs Ernst Busch hatte die Ruine in den 1990er Jahren gekauft und einer Immobilienentwicklung zugeführt. Selbst baute er die Apartmentanlage Prora Solitaire, andere Abschnitte des 4,5 Kilometer langen Blocks verkaufte er an Projektentwickler. Busch war es auch, der die Idee zu dem Film hatte und der diesen auch maßgeblich finanzierte. Er gibt dem Film ebenso Authentizität wie der Architekt Peter Eisenman oder Bürgerrechtler Rainer Eppelmann, der letzte Verteidigungsminister der DDR.

Weltweite Einflüsse formten den Koloss

Der Film stellt – und das gibt ihm zeitgeschichtliche Relevanz – internationale historische Bezüge zur Monumentalarchitektur zum Beispiel in Italien her. Denn es war Mussolinis Erholungslager, das als Inspiration für die Freizeitorganisation des Naziregimes Kraft durch Freude (KDF) diente, welches wiederrum Initiator Proras war. Aber nicht nur das – auch der Einfluss des progressiven Architekten Le Corbusier wird erkenntlich. Dieser hat neben der europäischen Architekturlandschaft auch die New Yorker Skyline beeinflusst. Gleichermaßen unterstreicht die Regisseurin die internationale Bedeutsamkeit des Kolosses durch die zahlreichen Auftritte unterschiedlichster Persönlichkeiten. Neben Peter Eisenmann und Ulrich Busch, erklären sich beispielsweise auch der italienischer Architektur Kritiker Vittorio Magnago Lampugnani und der aus Maine stammende Historiker Eric Zuelow. Was bleibt ist ein beeindruckendes Filmwerk, das Architektur, Zeitgeschichte, Ideologie und – nicht zuletzt – Naturbilder zu einem Gesamtkunstwerk orchestriert, das unbedingt sehenswert ist.

Zensur bei der Berlinale

In diesem Jahr musste sich die Berlinale vermehrt Vorwürfe der Zensur gefallen lassen. Der weltbekannte chinesische Künstler Ai Weiwei etwa unterstellte der Festivalleitung Zensur, weil sie seinen Film abgelehnt hat. Auch Inside Prora von Nico Weber wurde aus politischen Gründen abgelehnt. Festivalleiter Carlo Chatrian weist die Vorwürfe zwar zurück, Fragen bleiben jedoch zu den fragwürdigen Entscheidungen der Festivalleitung. (fs)